Von Ursula Meyer

Factoring

Factoring ist eine Finanzierungsmethode, bei der ein Unternehmen seine offenen Forderungen an Dritte verkauft. Sie trägt dazu bei, die Liquidität des Unternehmens zu erhöhen. Größtenteils wird Factoring dafür genutzt, kurzfristige Finanzierungen zu erhalten.

Geschäftswert des Factorings

Die Factoring Bedeutung ist insbesondere in Hinblick auf die Vorbeugung von Liquiditätsproblemen hoch. Schließlich kommt es nicht selten vor, dass Kunden Zahlungen nicht leisten oder diese bewusst verzögern. Einfach erklärt: Durch Factoring erhält das Unternehmen eine Finanzierung in Höhe des tatsächlichen Umsatzes, die sofort zur Verfügung steht.

Geschichte des Factorings

Factoring entstand im 17. Jahrhundert und erlangte im 19. Jahrhundert als etablierte Finanzierungsform besondere Bedeutung. 

Die wichtigsten Etappen seiner weiteren Entwicklung lassen sich folgenderweise darstellen:

Periode/DatumEntwicklungsetappe
19. Jahrhundert

Etablierung von Factoring als profitable Finanzierungsform für Unternehmen

Zu dieser Zeit wuchsen die Warenexporte aus Großbritannien in die Vereinigten Staaten stark. An Exportgeschäften war fast immer ein Vermittler, also ein Factor, beteiligt. Er verkaufte die exportierten Waren in den Vereinigten Staaten. Der Factor erhielt einen Teil des aus dem Warenverkauf erhaltenen Betrags als Provision. Der Hauptbetrag ging an den Produzenten (Auftraggeber). Dies war eine spezielle, weiterentwickelte Form des Factorings.

1958

Der erste Factoring-Vertrag in Deutschland

Ein Mainzer Privatbankier war der erste im Land, der diese Finanzierungsform anbot. Der erste Vertrag wurde abgeschlossen. Allmählich begann die Zahl der Factoring-Firmen zu wachsen. 

 

1971

Eröffnung der Deutschen Factoring Bank

Diese Finanzeinrichtung wurde von sieben Landesbanken gegründet.

 

1974

Gründung des Deutschen Factoring-Verbandes e.V.

Dieser Verband vereinigte die größten Factoring-Firmen. 

2008

Einführung der Finanzaufsicht

Die Factoring-Dienstleistungen erbringenden Unternehmen (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 9 KWG) unterliegen einer eingeschränkten Aufsicht. Die Aufsichtsbehörden sind die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Deutsche Bundesbank. 

2022

Factoring als eine gefragte Finanzierungsform

Das Umsatzvolumen des deutschen Factoring-Markts beträgt über 372 Milliarden Euro.

Die Anzahl der Factoring Anbieter in Deutschland beläuft sich auf 171.

Heute genießt Factoring wegen seiner Schutz- und Finanzierungsfunktion bei Unternehmen mittlerweile einen hohen Stellenwert.

Grundbegriffe des Factorings

Für ein klareres Verständnis des Wesens von Factoring-Transaktionen und eine Antwort auf die Frage “Wie funktioniert Factoring?” muss man zunächst die Schlüsselbegriffe und Teilnehmer des Factorings definieren:

  • Debitor: Dies ist die Partei, die dem Gläubiger für erhaltene Waren oder Dienstleistungen eine Zahlung schuldet. Sie kann entweder eine juristische Person oder eine natürliche Person sein.
  • Kreditor: Hierbei handelt es sich um die Partei, die dem Kunden (Debitor) Waren und Dienstleistungen bereitgestellt hat und auf die Zahlung durch den Debitor wartet.
  • Forderungskauf: Das ist der Prozess, bei dem ein Unternehmen Forderungen von einem anderen Unternehmen kauft. Der Verkauf der Forderung ist eine gute Möglichkeit, den Aufwand für das Forderungsmanagement zu verringern.
  • Factor: So wird der Anbieter der Factoring-Dienstleistung genannt. Der Unternehmer überträgt seine Forderung an den Factor. Beim klassischen Factoring kauft der Factor die Forderungen zu einem ermäßigten Preis und übernimmt dann das Risiko der Eintreibung. Die Factoring Unternehmen, die den deutschen Firmen zur Verfügung stehen, können dem Kunden verschiedene, individuelle Varianten von einem Factoring Vertrag anbieten. 

Die Hauptarten des Factorings

Da jedes Unternehmen eigene Anforderungen in Bezug auf Factoring hat, gibt es verschiedene Factoring-Arten. Dank einer großen Auswahl an Factoring-Optionen kann jede Firma eine für sie passende Variante finden. 

Full Service Factoring

Diese Variante stellt ein volles Factoring-Paket dar und ist bei vielen deutschen Unternehmen gefragt. Grundsätzlich umfasst das Paket immer den Forderungsverkauf. Darüber hinaus erfolgen auch Mahnungen und Inkasso durch den Factor. Und das Unternehmen wird damit gegen einen möglichen Zahlungsausfall abgesichert. 

Full Service Factoring gewährleistet eine schnelle Liquidität, falls der Unternehmer viele offene Rechnungen und Zahlungsziele hat. Der Zahlungseingang im Umfang von 80 Prozent des Rechnungsbetrags erfolgt innerhalb von 1-2 Arbeitstagen nach der Rechnungsausstellung. 20 Prozent des Rechnungsbetrags werden bei Fälligkeit von der Factoring Gesellschaft überwiesen. Der Factor kann bei Nichtzahlung auch entsprechende Inkassomaßnahmen ergreifen. 

Echtes Factoring vs. unechtes Factoring

Beim echten Factoring trägt der Factor das volle Risiko der Zahlungsausfälle. Bei Nichtzahlung des Debitors übernimmt also das Factoring-Unternehmen den ganzen Verlust. Diese Art von Factoring bietet den absoluten Schutz für den Kreditor. Zu den Factoring Kosten gehören in diesem Fall auch die Factoring Gebühren für die Übernahme des sogenannten Delkredererisikos. 

Beim unechten Factoring werden die Rechnungen zunächst vom Factor bezahlt. Er kann auf Wunsch des Kreditors auch das Debitorenmanagement übernehmen. Falls der Debitor die Zahlungsfrist nicht einhält, auf Mahnungen nicht antwortet und Inkassomaßnahmen ignoriert, zahlt der Kreditor die Rechnungssumme an das Factoring-Unternehmen zurück.

Der Hauptunterschied zwischen echtem und unechtem Factoring besteht im Ausmaß des Schutzes des Kreditors.

Offenes und stilles Factoring 

Im ersten Fall ist dem Schuldner bewusst, dass er das Geld nicht direkt an den Verkäufer überweisen wird. Die Geldmittel müssen auf das Konto des Factors überwiesen werden. Oft steht dann die Kontonummer des Factors in der vom Verkäufer ausgestellten Rechnung. 

Stilles Factoring eignet sich für Verkäufer, die befürchten, dass die Angabe der Adresse Dritter in ihren Rechnungen einen negativen Einfluss haben könnte. Beim stillen Factoring zahlt der Käufer die Rechnungssumme an den Verkäufer. Nachdem der Debitor den Betrag an den Verkäufer überwiesen hat, leitet der Verkäufer den erhaltenen Betrag an den Factor weiter. 

Inhouse Factoring

Diese Art des Factorings können Unternehmen verwenden, die über eine eigene Debitorenbuchhaltung verfügen. Der Factor führt dabei die Finanzierung aus und übernimmt das Delkredererisiko. Mahnungen und Inkasso bleiben Sache des Kreditors. In Bezug auf Factoring Gebühren und Zinsen ist Inhouse-Factoring die preisgünstigste Art des Forderungsverkaufs. 

Vorteile von Factoring

Wie jede Finanzierungsform hat das Factoring Vor- und Nachteile, die man berücksichtigen muss.

  • Liquiditätssteigerung: Das Unternehmen erhält sein Geld unmittelbar nach der Lieferung. Seine Liquidität wird somit auf einem hohen Niveau gehalten. Dies wirkt sich positiv auf die Weiterentwicklungsmöglichkeiten und die Reputation des Unternehmens aus.
  • Risikominderung: Das Delkredererisiko geht auf den Factor über. 
  • Verringerung der Verwaltungsaufwendungen: Das Forderungsmanagement wird vom Factor übernommen. Er kommuniziert allein mit den Debitoren. Das spart Arbeitszeit und Ressourcen des Unternehmens.
  • Schneller Zugriff auf Kapital: Für eine ständige Entwicklung braucht das Unternehmen immer mehr Material, neue Ausrüstung und mehr Mitarbeiter. Factoring gewährleistet eine schnelle Finanzierung und trägt zum Wachstum der Firma bei. Darüber hinaus werden die Unternehmer unabhängiger von Bankkrediten. 

Nachteile und Risiken von Factoring

Es gibt natürlich auch einige Nachteile: 

  • Kosten und Gebühren: Für die vom Factor übernommene Vorfinanzierung und Kommunikation mit dem Kunden muss der Kreditor bestimmte Gebühren zahlen. 
  • Abhängigkeit vom Factor: Der Kreditor erhält die Zahlungen vom Factoring-Unternehmen und ist somit von seiner Arbeitsweise, seiner Effizienz und der Erfüllung aller Bedingungen des Factoring-Vertrags abhängig.
  • Mögliche negative Auswirkungen auf Kundenbeziehungen: Einige Kunden können auf die Einmischung eines Dritten in die Transaktion und die Notwendigkeit, Rechnungsbeträge auf Konten eines Dritten zu bezahlen, negativ reagieren.

Wie funktioniert Factoring?

Der Ablauf eines Factoring-Verfahrens kann man folgenderweise darstellen:

  1. Auswahl eines Factors: Es ist sehr wichtig, einen zuverlässigen Factor zu wählen, der den Anforderungen des Factoring-Marktes gerecht wird. Die meisten deutschen Factoring-Unternehmen sind Mitglieder des Deutschen Factoring-Verbands e.V. Darunter sind nicht nur große internationale Firmen, sondern auch mittelständische Gesellschaften. 
  2. Einreichung von Forderungen: Ein Unternehmen erbringt Dienstleistungen oder liefert Waren. Damit generiert es eine Forderung gegenüber seinem Debitor. Um diese Forderung beim ausgewählten Factor einzureichen, muss sie an diese Factoring-Gesellschaft abgetreten werden können. Neben der Echtheit und Rechtmäßigkeit der Forderung prüft der Factor auch die Bonität des Schuldners. Nach dieser Prüfung gilt die Forderung als verkauft. Ab diesem Moment ist der Factor der Besitzer der offenen Forderung und leistet das Debitorenmanagement.
  3. Auszahlung durch den Factor: Praktisch sofort nach dem Forderungsverkauf erhält das Unternehmen 80 % der Forderung als Überweisung vom Factor. Seine Liquidität wird somit gesteigert und auch seine Eigenkapitalquote kann sich erhöhen. 
  4. Einzug der Forderung durch den Factor: Der Factor leitet die an ihn verkauften Forderungen an den Debitor weiter. Nach erfolgreichem Eintreiben der Forderungen überweist der Factor den verbleibenden Betrag der Forderungssumme an den Kreditor (10-20 %).

Wann sollte ein Unternehmen Factoring in Betracht ziehen?

Factoring ist eine universelle Finanzierungsmethode. Es ist doch wichtig zu beachten, dass Factoring nicht für jedes Unternehmen geeignet ist. Es hängt von der Branche, den Geschäftsbedingungen und der Art der Kunden ab. 

Experten des Deutschen Factoring-Verband e.V. meinen, dass Factoring sich besonders in folgenden Branchen lohnt:

  • Handel/Handelsvermittlung
  • Metallverarbeitung
  • Ernährungsindustrie
  • Maschinen- und Fahrzeugbau
  • Herstellung von elektronischen Bauelementen
  • Papier-, Verlags- und Druckunternehmen
  • verarbeitende Industrie

Auswahl eines Factoring-Anbieters

Der Wahl eines Factoring-Anbieters sollte besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die mit einer großen Anzahl von Factoring Kunden arbeiten.

Bei der Auswahl sollten Sie auf folgende Aspekte achten:

  • Reputation: Sie sollten die Bewertungen anderer Unternehmen lesen und darauf achten, ob und wie der Anbieter kritisiert wird.
  • Bedingungen der Zusammenarbeit: Es ist sehr wichtig herauszufinden, wie schnell das Geld ausgezahlt wird, wie hoch die Provisionen sind usw.

Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Fragen, die man dem Factoring-Unternehmen stellen sollte. Diese beinhalten:

  1. Wie schnell wird das Geld ausgezahlt?
  2. Gibt es besondere Bedingungen für den Vertragsabschluss?
  3. Gibt es besondere Garantien?

Natürlich sollte man bei der Auswahl die Kosten verschiedener Factoring-Dienstleister vergleichen. Selbstverständlich sollte man den Vertrag außerdem sorgfältig lesen, um Missverständnisse und mögliche Probleme zu vermeiden.

Alternativen zum Factoring

Es gibt andere Finanzierungsformen, die alternativ zum Factoring genutzt werden können. Jede Form hat ihre eigenen Besonderheiten und Vor- und Nachteile.

Traditionelle Kredite

Bankkredite sind die am weitesten verbreitete Finanzierungsmethode, auf die viele Unternehmen zugreifen. Sie bieten jedoch keinen Schutz vor Nichtzahlung der Geschäftspartner oder Kunden. Die Aufnahme eines Kredits ist zudem mit einem komplizierten Genehmigungsprozess seitens der Bank verbunden.

Crowdfunding 

Crowdfunding kann insbesondere von Start-Ups genutzt werden, deren Bonität noch nicht für große Kredite ausreicht oder die eine innovative Idee der Öffentlichkeit präsentieren möchten. 

Es erfordert jedoch nicht nur viel Zeit und Geduld, ein Projekt mithilfe von Crowdfunding umzusetzen, sondern auch eine effektive Marketing-Strategie. Man muss eine Kampagne organisieren, eine geeignete Online-Plattform auswählen und das Interesse an dem geplanten Projekt ständig aufrechterhalten.

Anleihen

Diese Form der Finanzierung wird oft von mittelständischen Unternehmen genutzt. Anleihen ermöglichen es Unternehmen, Kapital durch den Verkauf von Schuldtiteln an Investoren zu beschaffen. Diese erhalten im Gegenzug regelmäßige Zinszahlungen und schließlich die Rückzahlung des Nennwertes der Anleihe.

Mit den durch Anleihen erzielten Zinserträgen können Unternehmen in profitable Märkte oder in die eigene Geschäftsentwicklung investieren. 

Anleihen bieten oft mehr Flexibilität als traditionelle Kredite, und je nach Bedarf und Marktbedingungen können verschiedene Optionen zur Verfügung stehen.

Finom und die KMU

Finom ist Ihr Assistent bei der Verwaltung von Finanzmitteln. Es handelt sich um ein Fintech-Unternehmen, das seine Finanzdienstleistungen auf dem europäischen Markt anbietet. Finom arbeitet mit kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und Selbstständigen zusammen.

Seine Leistungspalette umfasst:

Fazit

Dank Factoring stehen einem Unternehmen mehr Zeit und Finanzmittel zur Verfügung, um sich weiterzuentwickeln. Diese Finanzierungsform befreit die Verkäufer von Problemen wie Zahlungsausfall oder Zahlungsverzug und befreit sie von dem großen Aufwand, der mit dem Forderungsmanagement verbunden ist. 

Die Kreditoren profitieren beim Factoring durch verbesserte Liquidität, weil Außenstände abgebaut werden. Sie können die vom Factor erhaltenen Geldmittel in das Unternehmen investieren und ihre Umsätze steigern. 

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