Gibt es eine Steuerklasse für Selbstständige? Wir erklären, für wen die Steuerklassen gelten und was sie bedeuten.
Wenn Du in Deutschland ein eigenes Unternehmen führst, als Freiberufler:in tätig bist oder eine Selbstständigkeit anmelden möchtest, spielen Steuern jedes Jahr eine wichtige Rolle. Eine spezielle Steuerklasse für Selbstständige gibt es jedoch nicht. Sie zahlen die Einkommensteuer auf andere Weise.
Steuerklassen dienen ausschließlich dem Lohnsteuerabzug bei Arbeitnehmer:innen. Ihre Steuerklasse wird größtenteils durch den Familienstand bestimmt. Für Selbstständige haben Steuerklassen keine Bedeutung, denn ihre Einkommensteuer wird im Veranlagungsverfahren nach § 32a EStG unabhängig von den Steuerklassen ermittelt.
Wie funktioniert das deutsche Steuersystem für Selbstständige?
Wer in Deutschland lebt, ist steuerpflichtig. Nachdem Du Dich in Deutschland angemeldet hast, erhältst Du innerhalb der nächsten sechs Wochen Deine Steuernummer und Steuer-ID. Außerdem ordnet das Finanzamt Dir in erster Linie abhängig vom Familienstand Deine Steuerklasse zu. Dabei wird zwischen ledig, alleinerziehend oder verheiratet unterschieden.
Die Steuern für Selbstständige und Freiberufler:innen funktionieren in Deutschland anders als für Angestellte, da Freiberufler:innen ihre Steuern selbst berechnen und zahlen. Als Arbeitnehmer:in wird die Lohnsteuer vom Staat über Deine:n Arbeitgeber:in eingezogen. Der/die Arbeitgeber:in zieht den entsprechenden Betrag von Deinem Gehalt ab und führt ihn an das Finanzamt ab.
Um von Anfang an alles richtig zu machen, muss sich jede:r Freiberufler:in beim Finanzamt steuerlich anmelden, indem er/sie den Fragebogen zur steuerlichen Anmeldung ausfüllt. Dies erfolgt online über das offizielle deutsche Online-Finanzamtssystem „Mein ELSTER“. Hier ist unter anderem auch eine Prognose zukünftiger Einnahmen anzugeben.
Auf dieser Grundlage wird die erste Vorauszahlung der Einkommensteuer ermittelt, die alle drei Monate zu leisten ist.
Als Freiberufler:in musst Du Aufzeichnungen über Deine Einnahmen und Ausgaben führen. Bis spätestens 31. Juli des Folgejahres musst Du dann Deine Steuererklärung abgeben.
Falls Du in Deutschland ein Unternehmen betreibst, musst Du außerdem Gewerbesteuer zahlen. Bei einem Einzelunternehmen ist die steuerliche Belastung nicht hoch. Nach § 35 EStG ist die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer auf das 3,8-fache des Messbetrags begrenzt. Je nach Hebesatz bleibt also oft eine Restbelastung. Der Gewerbesteuerfreibetrag von 24.500 Euro gilt zudem nur für Einzelunternehmen und Personengesellschaften, nicht für Kapitalgesellschaften wie GmbH oder AG.
Welche Steuerklassen gibt es?
Es ist wichtig zu wissen, in welche der sechs deutschen Steuerklassen Du fällst. Die Einstufung wirkt sich beispielsweise auf Absetzungen und Vergünstigungen aus, die die deutsche Abgabenordnung bestimmten Einzelpersonen und Ehepaaren bietet.
Klasse I
In die erste Steuerklasse fallen ledige und geschiedene Arbeitnehmer:innen sowie alle, deren Ehepartner:in im Ausland lebt oder seinen/ihren ständigen Wohnsitz außerhalb Deutschlands hat. Die Klasse umfasst auch verwitwete Arbeitnehmer:innen und Personen, die einer begrenzten Einkommensteuerpflicht unterliegen. Als Angehörige:r dieser Klasse hast Du keinen Anspruch auf den Alleinerziehenden- oder Kinderfreibetrag.
Auch die frühere 450-Euro-Grenze gibt es nicht mehr. Seit 01.10.2022 gilt stattdessen eine dynamische Minijob-Grenze von aktuell 520 Euro pro Monat, die laufend an den Mindestlohn angepasst wird. Minijobs selbst werden jedoch gesondert besteuert und haben mit Steuerklasse I nichts zu tun.
Außerdem gibt es keinen festen Steuersatz pro Steuerklasse. Die Einkommensteuer ist gemäß § 32a EStG progressiv gestaltet und steigt mit dem Einkommen. Wie hoch der Steuersatz genau ist, hängt demnach von Deiner Lohnhöhe ab.
Klasse II
Wenn Du als Alleinerziehende:r arbeitest und ein Einkommen oberhalb der Minijob-Grenze erzielst, kannst Du von Steuerklasse II profitieren. Es gilt jedoch zu beachten, dass Du nicht automatisch in diese Steuerklasse eingestuft wirst, sondern einen Antrag stellen musst. Angehörige dieser Steuerklasse haben Anspruch auf den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, wenn sie mit ihrem Kind im selben Haushalt leben.
Klasse III
Steuerklasse III gilt für verheiratete oder verpartnerte Arbeitnehmer:innen, die nicht dauerhaft getrennt leben. Sie wird in der Regel in Kombination mit Steuerklasse V angewendet: Der/die Ehepartner:in mit dem höheren Einkommen wählt Steuerklasse III, der/die andere Steuerklasse V. In Klasse III profitieren Arbeitnehmer:innen von einem verdoppelten Grundfreibetrag und einem geringeren monatlichen Lohnsteuerabzug. Ein bestimmtes Mindesteinkommen ist für die Zugehörigkeit nicht erforderlich.
Klasse IV
Steuerklasse IV ist der Standard für verheiratete oder verpartnerte Arbeitnehmer:innen, wenn beide Partner:innen arbeiten und ungefähr gleich viel verdienen. Sie entspricht im Lohnsteuerabzug der Steuerklasse I. Beide Partner:innen erhalten also den vollen Grundfreibetrag. Diese Steuerklasse dient nicht dem Ausgleich des Gender-Pay-Gaps, sondern stellt eine neutrale Aufteilung der steuerlichen Belastung sicher.
Steuerklasse IV mit Faktor
Paare können auch die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor wählen. Dabei wird der Splitting-Vorteil bereits während des Jahres im Lohnsteuerabzug berücksichtigt. Das Finanzamt berechnet anhand des voraussichtlichen gemeinsamen Jahreseinkommens die Steuerschuld des Paares. Dann teilt es diese durch zwölf Monate und verteilt sie gleichmäßig auf beide Partner:innen. Dadurch lassen sich hohe Nachzahlungen vermeiden – Steuern fallen selbstverständlich trotzdem an.
Klasse V
Verheiratete Arbeitnehmer:innen mit Partner:innen, die Steuerklasse III angehören, werden automatisch in die Steuerklasse V eingestuft. Diese Klasse weist einige der höchsten Abzüge aller Steuerklassen auf und enthält fast keinen jährlichen Freibetrag. Die Steuerbelastung wird stattdessen durch die Kombination mit Steuerklasse III minimiert.
Klasse VI
Diese Steuerklasse ist Personen mit mehreren Einkommen vorbehalten. Sie ist offiziell mit dem zweiten Job oder der zweiten Einkommensquelle verbunden. Dabei enthält sie weder einen Grundfreibetrag noch Renten- oder Kinderfreibeträge. Je nach Situation kann sie aber mit anderen Klassen kombiniert werden – beispielsweise Steuerklasse I für Alleinstehende oder II für Alleinerziehende.
Steuerklasse: Selbstständig / Verheiratet und Selbstständig / Angestellt
Wie schon erwähnt, unterliegen Selbstständige nicht der Lohnsteuer, sondern der Einkommensteuer. Daher gilt für sie auch keine Steuerklasse. Als Selbstständige:r musst Du Steuern zahlen, wenn Deine Einkünfte nach Abzug der Versorgungs- und Betriebsausgaben den Grundfreibetrag übersteigen. Die Einkommensteuer ist also für Dich relevant, egal ob Du ein eigenes Unternehmen führst oder als Freiberufler:in tätig bist. Mehr dazu erfährst Du im Artikel Steuern für Selbstständige.
Die verschiedenen Steuerklassen in Deutschland sind für Dich als Selbstständige:r also im Großen und Ganzen unwichtig. Trotzdem sind es wissenswerte Informationen, solltest Du Deine Selbstständigkeit beispielsweise aufgeben. Wenn Dein:e Ehepartner:in angestellt ist, zahlst Du ebenfalls Lohnsteuer. Die Steuerklassen werden außerdem relevant, wenn Du eine:n Mitarbeiter:in einstellst.
Ehepaare und Lebenspartner:innen können in Deutschland zwischen der getrennten Veranlagung und der gemeinsamen Steuererklärung wählen. Dies wird im deutschen Einkommensteuergesetz (EStG) als Ehegattensplitting bezeichnet.
Wenn Du oder Dein:e Ehepartner:in als Freiberufler:in oder Einzelunternehmer:in selbstständig seid, könnt Ihr das Ehegattensplitting ebenfalls nutzen. Dies kann günstig sein, wenn sich der/die angestellte Partner:in für Steuerklasse III entscheidet und ein höheres Nettogehalt bezieht.
Ehepaare können aber frei wählen, ob sie in Steuerklasse III, IV oder V sein möchten. Steuerklasse IV wird genauso besteuert wie Steuerklasse I. Diese Einstufung solltest Du wählen, wenn Du und Dein Partner ein ähnliches Einkommen habt. Die Kombination der Steuerklassen III und V wird hingegen häufig von Ehepaaren mit unterschiedlich hohen Einkommen gewählt.
Bedenke dabei, dass die Steuerklasse nur den monatlichen Lohnsteuerabzug beeinflusst, nicht die endgültige Steuerlast. Die tatsächliche Steuerschuld wird im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nach § 32a EStG berechnet – unabhängig davon, welche Steuerklassen gewählt wurden. Durch die Kombination III/V wird lediglich die Höhe des monatlichen Nettogehalts zwischen den Partner:innen anders aufgeteilt. Die Gesamtsteuer bleibt gleich.
FAQ
Welche Steuerklasse gilt, wenn der/die Ehepartner:in selbstständig ist?
Wenn ein:e Ehepartner:in selbstständig und der/die andere angestellt ist, haben beide verschiedene steuerliche Situationen. Für den/die angestellte:n Ehepartner:in gelten die üblichen Steuerklassen. Der/die selbstständige Partner:in unterliegt hingegen Einkommensteuer, Umsatzsteuer und ggf. Gewerbesteuer unterliegt.
Da der/die Selbstständige in keine eigene Steuerklasse fällt, würde der/die angestellte Partner:in in der Regel entweder Steuerklasse III oder IV wählen – je nachdem, welche Kombination am besten zur persönlichen Situation passt. Es ist ratsam, dies zu prüfen. Nimm ggf. die Hilfe eines/einer Steuerberaters:in in Anspruch, um die optimale Wahl zu treffen.
Welche Steuerklasse gilt nach dem Tod eines/einer Ehepartners:in?
Nach dem Tod eines/einer Ehepartners:in gilt für Witwen oder Witwer im Todesjahr und dem darauffolgenden Jahr Steuerklasse III. Dies nennt man auch Witwensplitting. Ab dem dritten Kalenderjahr erfolgt bei Alleinerziehenden die Umstufung in Steuerklasse I oder II. Für eheähnliche Gemeinschaften gilt diese Regelung nicht.
In welche Steuerklasse fallen Geschiedene?
Nach einer Scheidung ändert sich die steuerliche Situation für beide ehemaligen Ehepartner:innen. In Deutschland wird die Steuerklasse geschiedener Personen je nach individueller Situation wie folgt festgelegt:
Steuerklasse I:
Geschiedene Personen ohne Kinder oder mit Kindern, die nicht im selben Haushalt leben, werden in Steuerklasse I eingestuft.
Steuerklasse II:
Geschiedene Personen, die alleinerziehend sind und mindestens ein Kind haben, für das ein Kindergeldanspruch besteht, werden in Steuerklasse II eingestuft. In dieser Steuerklasse erhalten Alleinerziehende einen Entlastungsbetrag.
Sobald die Scheidung rechtskräftig ist, enden die steuerlichen Vorteile der gemeinsamen Veranlagung. Beide ehemaligen Ehepartner:innen werden entsprechend ihrer individuellen Situation in die Steuerklasse I oder II eingestuft.
Das könnte Dich auch interessieren:
Letzte Artikel
GmbH: Vorteile und Nachteile
Übernachtungspauschale 2025
Eine Firma gründen – Kosten der Gründung in Deutschland
GbR oder GmbH – welche Rechtsform passt zu Deinem Business?
Grundsteuer-Hebesatz: So berechnest Du Deine Grundsteuer richtig
Freiberufler:in oder Kleingewerbe
Hebesatz 2025 – Definition, Berechnung und aktuelle Werte