Von Paul Weber

Vollkostenrechnung

Die Vollkostenrechnung ist eine Methode zur Berechnung der Gesamtkosten eines Produkts oder einer Dienstleistung. Sie ermöglicht eine umfassende Erfassung und Zuordnung der Kosten für die Produktion von Produkten oder die Erbringung von Dienstleistungen. In diesem Artikel wird erläutert, wie die Vollkostenrechnung Unternehmen dabei hilft, den Verkaufspreis für ein Produkt oder eine Dienstleistung zu ermitteln und Geschäftsentscheidungen zu bewerten.

Was ist eine Vollkostenrechnung und wozu wird sie verwendet

Bei der Vollkostenrechnung werden alle direkten und indirekten Kosten berücksichtigt, die für die Herstellung eines Produkts oder die Erbringung einer Dienstleistung anfallen. Dazu gehören neben den variablen Produktionskosten auch die fixen Kosten wie Miete, Gehälter und Abschreibungen.

Im Gegensatz zur Teilkostenrechnung, die nur die variablen Kosten in die Kalkulation einbezieht, betrachtet die Vollkostenrechnung sämtliche Kostenarten. Dies ermöglicht eine umfassende Betrachtung der Kostenstruktur eines Unternehmens und eine genauere Ermittlung der Selbstkosten.

Die Vollkostenrechnung wird oft in der Kostenrechnung und im Controlling von Unternehmen angewendet, um fundierte Entscheidungen in Bezug auf die Preisgestaltung, Produktionsmengen und Investitionen zu treffen. Sie dient dazu, alle in einem Unternehmen anfallenden Kosten ihren Kostenträgern und deren Untergliederungen zuzuordnen. Sie ist insbesondere für die Kalkulation und Bewertung von Preisen und für die Festlegung des Produktions- und Absatzprogramms (Produktionsprogrammplanung) vorgesehen.

Darüber hinaus wird der Vollkostenansatz als praktische Grundlage für den Umgang mit spezifischen Interessenkonflikten (z. B. im internen Wettbewerb um begrenzte Gesamtkapazitäten oder in Kunden-Lieferanten-Beziehungen) ausgebaut.

Wie wird die Vollkostenrechnung berechnet

Da es keine allgemeingültige Formel für die Vollkostenrechnung gibt, wird sie in der Regel als ein Prozess beschrieben, der aus mehreren Schritten besteht. Mit Hilfe dieser Schritte lassen sich die Gesamtkosten eines Produkts oder einer Dienstleistung ermitteln.

Zur Erreichung des erforderlichen Rechnungslegungsziels kann das folgende Vollkostenrechnungsschema verwendet werden:

  1. Im ersten Schritt sammelt man die Kosten in der Kostenstellenrechnung und trennt ebenfalls in Einzel- und Gemeinkosten.
  2. Im zweiten Schritt werden in der Kostenstellenrechnung die Gemeinkosten auf die verursachenden Kostenträger verrechnet und im Rahmen der internen Leistungsverrechnung auf die Endkostenstellen verrechnet.
  3. Im dritten Schritt wird in der Kostenträger-Rechnung die Leistung ermittelt, in der die aus der Kostenartenrechnung übernommenen Einzelkosten mit den anteiligen Gemeinkosten der Endkostenstellen zusammengeführt werden. Unten ist dies schematisch dargestellt.
Kostenart / BerechnungProzentsatz / Betrag
MaterialeinzelkostenBetrag
Materialgemeinkosten in % der Material-EKProzentsatz
MaterialkostenSumme
FertigungseinzelkostenBetrag
Fertigungsgemeinkosten in % der Fertigungs-EKProzentsatz
Sondereinzelkosten der FertigungBetrag
FertigungskostenSumme
Herstellkosten (Materialkosten + Fertigungskosten)Summe
Vertriebsgemeinkosten in % der HerstellkostenProzentsatz
Verwaltungsgemeinkosten in % der HerstellkostenProzentsatz
Sondereinzelkosten des VertriebsBetrag
Selbstkosten (Gesamtkosten inkl. Vertrieb und Verwaltung)Summe

Bei der Vollkostenrechnung werden alle Kosten, die in Ihrem Unternehmen anfallen, den entsprechenden Kostenträgern zugerechnet. So können Sie beispielsweise die Stückkosten für ein bestimmtes Produkt ermitteln. Die Vollkostenrechnung hilft auch bei der Schätzung und Kalkulation von Preisen. Die Teilkostenrechnung hingegen berücksichtigt nur variable Kosten oder Einzelkosten. Sie wird aber auch auf der Ebene der Programmplanung eingesetzt. Außerdem bestimmt sie das Produktions- und Verkaufsprogramm.

Wenn in Ihrem Unternehmen Interessenkonflikte auftreten, kann sie ebenfalls helfen und Lösungen anbieten. Ein solches Problem könnte beispielsweise die Kapazitätsvergabe sein.

Vollkostenrechnung – Beispiel 

Nehmen wir als Beispiel für eine Vollkostenrechnung eine Eisdiele, die 2.000 Eiskugeln pro Tag verkauft. Dieses Unternehmen hat feste Mietkosten von 300 Euro und variable Kosten, die vom Verkaufsvolumen abhängen. Beispielsweise in diesem Fall 40 Cent pro Eiskugel. Wenn Sie nun eine Rechnung mit den vollen Kosten erstellen, erhalten Sie die vollen Kosten für die Produkte.

Dies geschieht in zwei sehr einfachen Schritten.

Sie berechnen die Gemeinkosten, indem Sie die Fixkosten (300 Euro Miete) durch die Verkaufsmenge (2.000 Eiskugeln) dividieren. In diesem Beispiel ergibt das 15 Cent. Nun addieren Sie einfach die Gemeinkosten auf die einzelnen Kostenträger.

Also in diesem Beispiel: 0,15 + 0,40 = 0,55 Euro.

Wenn die Eisdiele einen Gewinn erzielen will, muss sie die Kosten pro Eiskugel ein Jahr lang auf mehr als 55 Cent ansetzen.

Unterschied zwischen der Vollkostenrechnung und der Teilkostenrechnung

Neben der Vollkostenrechnung gibt es die Teilkostenrechnung.

Die Teilkostenrechnung ist ein Buchhaltungsverfahren, das zunächst nur einen Teil der angefallenen Kosten – in diesem Fall die variablen Kosten – in die Kostenrechnung einbezieht. Nach diesem System der Kostenrechnung werden die Kosten in fixe und variable Kosten aufgeteilt. Eine gängige Form der Teilkostenrechnung ist die sogenannte Grenzplankostenrechnung.

Nachdem die Kosten dem Produkt gutgeschrieben wurden, spricht man über:

  • Einzelkosten. Dabei handelt es sich um Kosten, die jeder einzelnen produzierten Ware oder Dienstleistung (Kostenträger) direkt zugerechnet werden können. Dazu gehören Produktionsmaterialien (Materialkosten) und Produktionslöhne.
  • Gemeinkosten. Hierbei handelt es sich um Kosten, die nur in ihrer Gesamtheit dem gesamten Produktionsprozess zugerechnet werden können. Sie werden in der Regel nur als Prozentsatz des produzierten Outputs zugerechnet. Es handelt sich dabei um Produktionsgemeinkosten (Abschreibungen, Reparaturen, Löhne und Gehälter der Mitarbeiter und Hilfskräfte), Materialgemeinkosten (Hilfs- und Betriebsstoffe), Verwaltungsgemeinkosten (Gehälter der Geschäftsführung) und Vertriebsgemeinkosten (Umsatz für den Vertrieb, Provisionen, Werbekosten, Transportkosten).
  • Sondereinzelkosten. Diese entstehen als Kosten für die Berücksichtigung spezieller Produktausführungen sowie für spezielle Verpackungs- und Transportkosten.

Nach diesen Kriterien sind die Vollkostenrechnung und die Teilkostenrechnung zwei unterschiedliche Ansätze zur Berechnung von Kosten in einem Unternehmen. 

Vollkostenrechnung vs. Teilkostenrechnung – Vergleich

Hier sind die einfachen Unterschiede zwischen einer Vollkostenrechnung und einer Teilkostenrechnung.

Vollkostenrechnung:

  • berücksichtigt alle Kosten, sowohl feste als auch variable, bei der Kalkulation
  • ermittelt den Selbstkostenpreis eines Produkts, indem alle Kosten auf die hergestellte Menge verteilt werden
  • bietet einen umfassenden Blick auf die Kostenstruktur eines Produkts oder einer Dienstleistung

Teilkostenrechnung:

  • berücksichtigt nur die variablen Kosten bei der Kalkulation
  • Fixkosten werden nicht auf die Produkteinheiten aufgeteilt, sondern als Gesamtbetrag betrachtet
  • fokussiert sich mehr auf die kurzfristige Entscheidungsfindung, da variable Kosten oft als entscheidungsrelevant angesehen werden.

In einfacheren Worten: Die Vollkostenrechnung betrachtet alle Kosten, sowohl fixe als auch variable, um den Gesamtkostenaufwand zu ermitteln. Die Teilkostenrechnung konzentriert sich nur auf die variablen Kosten und ignoriert die Verteilung der fixen Kosten auf die einzelnen Einheiten.

Vor- und Nachteile der Vollkostenrechnung

Wenn wir die obigen Informationen zusammenfassen, können wir einige klare Vor- und Nachteile der Vollkostenrechnung feststellen:

VorteileNachteile
Die Vollkostenrechnung ist ein einfaches Kalkulationsinstrument.Proportionalisierung der Fixkosten. Das bedeutet, dass Kosten, die unabhängig von der Produktion anfallen, dem jeweiligen Produkt zugerechnet werden. Dazu gehören zum Beispiel die Abschreibungskosten.
Sie dient auch als Entscheidungsgrundlage für die mittel- und langfristige Produktionsplanung.Für kurzfristige Produktions- und Preisentscheidungen ist die Vollkostenrechnung keine optimale Lösung.

Fazit

Die Vollkostenrechnung ist sehr einfach durchzuführen und gliedert sich in drei Teile. Diese drei Teile sind die Kostenartenrechnung, die Kostenstellenrechnung und die Kostenträgerrechnung.

Die Vollkostenrechnung ist eine gute Grundlage für mittel- und langfristige Entscheidungen des Unternehmens, für kurzfristige Entscheidungen ist sie jedoch nicht besonders gut geeignet.