Das OSS-Verfahren vereinfacht seit Juli 2021 die Umsatzsteuerabwicklung im EU-weiten B2C-Handel. Statt mehrerer Registrierungen genügt nun eine zentrale Anmeldung. Ein typisches Beispiel für das OSS-Verfahren: Du betreibst einen Onlineshop in Deutschland und meldest Deine Verkäufe nach Frankreich, Italien und Spanien über das OSS-Portal. Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) verteilt die Steuerbeträge daraufhin automatisch.

Inhalt

Was ist das OSS-Verfahren?

Das OSS-Verfahren ist einfach erklärt eine EU-weite Sonderregelung zur vereinfachten Erhebung der Umsatzsteuer auf grenzüberschreitende B2C-Umsätze. Eingeführt wurde das Verfahren, um das bisherige MOSS-System zu erweitern und Unternehmen durch eine zentrale Anlaufstelle für die Steuererklärung zu entlasten.

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OSS-Verfahren: Für wen ist es relevant?

Das OSS-Verfahren richtet sich an Unternehmen, die innerhalb der EU Waren oder Dienstleistungen an Endverbraucher:innen (B2C) verkaufen, insbesondere:

Onlinehändler:innen mit EU-Versand

Betreibst Du einen Onlineshop mit EU-weitem Versand, vereinfacht das OSS-Verfahren Deine Steuerpflicht. Statt Dich in jedem Land registrieren zu müssen, meldest Du alle Verkäufe nun zentral an das Bundeszentralamt für Steuern.

Kleinunternehmer:innen

Auch Kleinunternehmer:innen können am OSS-Verfahren teilnehmen, wenn sie die EU-weite Umsatzgrenze von 10.000 Euro netto pro Jahr überschreiten. Ab diesem Punkt gilt die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG nicht mehr für Auslandsumsätze. Die Umsatzsteuer muss dann im jeweiligen Bestimmungsland abgeführt werden – das OSS-Verfahren erleichtert diese zentrale Abwicklung.

Dropshipping-Unternehmen

Beim Dropshipping ist der Standort des Lagers entscheidend. Erfolgt der Versand aus Deutschland in andere EU-Länder, kannst Du diese Umsätze über das OSS-Verfahren melden. Liegt das Lager jedoch im EU-Ausland, greift das OSS-Verfahren nicht. In diesem Fall ist eine separate Anmeldung im jeweiligen Lagerland erforderlich.

Amazon FBA

Beim Amazon FBA-Programm greift das OSS-Verfahren nur, wenn Du aus Deutschland verkaufst – für Verkäufe aus ausländischen Lagern oder bei grenzüberschreitenden Lagerbewegungen bzw. Lagerhaltung im EU-Ausland ist eine lokale Registrierung nötig.

One-Stop-Shop-Verfahren: So funktioniert’s

Das OSS-Verfahren vereinfacht die Umsatzsteuer bei grenzüberschreitenden B2C-Verkäufen in der EU. Unternehmen melden ihre Umsätze zentral über das BZSt.

Sobald Deine Lieferungen an Privatkund:innen in anderen EU-Ländern, die sogenannten innergemeinschaftlichen Fernverkäufe, einen Wert von 10.000 € netto überschreiten, musst Du im Bestimmungsland Umsatzsteuer abführen. Über das OSS-Portal kannst Du dies zentral erledigen – unabhängig davon, ob Du vor Ort tätig bist oder Offshoring-Modelle nutzt.

Angenommen, Du nutzt zusätzlich einen Fulfillment-Dienstleister, der Deine Produkte aus Deutschland an Kund:innen in Frankreich, Italien und Spanien verschickt: Über das OSS-Portal kannst Du auch diese grenzüberschreitenden Verkäufe zentral melden – ohne Dich um steuerliche Anmeldungen in jedem einzelnen Land kümmern zu müssen.

Das BZSt verteilt die gemeldeten Steuerbeträge dann automatisch an die jeweiligen Länder. Voraussetzung dafür ist, dass Du zuvor eine Umsatzsteuer-ID beantragt hast.

OSS-Verfahren und Umsatzsteuer: Wie die Steuer abgeführt wird

Die quartalsweise OSS-Meldung wird auf Grundlage des Referenzkurses der Europäischen Zentralbank in Euro eingereicht. Die Gesamtsteuer wird gesammelt  und an die Bundeskasse Trier gezahlt. Je nach Höhe und Zielmarkt kann auch eine AWV-Meldepflicht bestehen – etwa bei grenzüberschreitenden Zahlungen ab 50.000 €.

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OSS-Verfahren anmelden: Schritt für Schritt

Die Teilnahme an dem Verfahren ist freiwillig. Nach der Registrierung bist Du jedoch verpflichtet, alle relevanten B2C-Umsätze mindestens für das aktuelle Quartal über das OSS zu melden. Ein Widerruf ist dementsprechend nur quartalsweise möglich.

Wenn Du Dich zum OSS-Verfahren anmelden möchtest, musst Du bestimmte Voraussetzungen erfüllen:

  • Du bist Unternehmer:in mit Sitz in Deutschland.
  • Du erzielst Umsätze aus innergemeinschaftlichen Fernverkäufen oder elektronischen Dienstleistungen an Privatkund:innen in anderen EU-Staaten.
  • Du verfügst über eine gültige Umsatzsteuer-ID.

Erfüllst Du diese Kriterien und reichst die Registrierung fristgerecht über das Online-Portal des BZSt ein, steht der Teilnahme am OSS-Verfahren nichts mehr im Weg.

Ablauf der Registrierung

Die Registrierung zum OSS-Verfahren erfolgt online und besteht aus mehreren Schritten.

  1. Zugang beantragen: Registriere Dich im BZStOnline-Portal (BOP). Für die Anmeldung benötigst Du ein gültiges ELSTER-Zertifikat – eine digitale Signatur zur sicheren Authentifizierung. Dieses Zertifikat kannst Du kostenlos über das ELSTER-Portal beantragen. Beachte, dass ein Teil der Zugangsdaten per Post verschickt wird – plane daher ausreichend Vorlaufzeit ein.
  2. Formular ausfüllen: Wähle im Portal das Formular „Teilnahme am OSS-Verfahren“ aus und fülle es aus.
  3. Fristen beachten: Melde Dich spätestens bis zum Quartalsende an, um im nächsten Quartal teilnehmen zu können.
  4. Bestätigung abwarten: Nach erfolgreicher Prüfung erhältst Du eine Bestätigung vom BZSt.

Die Anmeldung ist recht unkompliziert, allerdings solltest Du genügend Vorlaufzeit einplanen, da Du nach der Registrierung auch regelmäßige Meldungen abgeben musst.

OSS-Verfahren und die Steuererklärung

Nach der Registrierung kannst Du Deine umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen einmal pro Quartal mit einer einzigen Erklärung melden. Dadurch entfällt die Pflicht, in jedem betroffenen EU-Land separat Umsatzsteuererklärungen einzureichen.

Welche Angaben gehören in die OSS-Meldung?

Damit Deine OSS-Erklärung vollständig und korrekt ist, müssen bestimmte Angaben zwingend enthalten sein. Das OSS-Verfahren für die Umsatzsteuer umfasst vor allem die genaue Zuordnung der Umsätze und Steuersätze zu den jeweiligen EU-Mitgliedstaaten.

In die OSS-Steuererklärung müssen folgende Angaben aufgenommen werden:

  • EU-Land des Verbrauchs
  • Gesamtumsatz je Land
  • angewendeter Umsatzsteuersatz (Standard oder reduziert)
  • fällige Umsatzsteuer je Land

Die Angaben müssen in Euro erfolgen. Dabei gilt der EZB-Referenzkurs vom letzten Tag des jeweiligen Quartals.

Nur wenn alle Daten korrekt sind, wird die Steuerlast richtig verteilt und Du vermeidest unnötige Rückfragen oder Nachzahlungen.

Fristen und Abgabe der OSS-Erklärung

Diese Übersicht hilft Dir, alle wichtigen Fristen im Blick zu behalten und Deine OSS-Erklärung rechtzeitig einzureichen.

QuartalAbgabefrist
Q1 (Jan.–März)bis 30. April
Q2 (Apr.–Juni)bis 31. Juli
Q3 (Juli–Sept.)bis 31. Oktober
Q4 (Okt.–Dez.)bis 31. Januar des Folgejahres

Tipp: Auch wenn Du in einem Quartal keine Umsätze erzielt hast, bist Du zur Abgabe einer Nullmeldung verpflichtet.

OSS-Verfahren und Vorsteuerabzug

Du kannst über das OSS-Verfahren keinen Vorsteuerabzug der im Ausland gezahlten Steuer geltend machen. Stattdessen musst Du ein separates Vorsteuervergütungsverfahren beim BZSt beantragen.

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Buchhaltung im OSS-Verfahren

Nach dem Einstieg ins OSS-Verfahren musst Du Deine EU-Umsätze korrekt erfassen. Egal ob Du das OSS-Verfahren im SKR03 buchen oder andere Buchungssätze verwenden möchtest – mit separaten Konten für jeden EU-Staat lässt sich dies regelkonform umsetzen.

Inlandsumsätze unterliegen dem deutschen Umsatzsteuerrecht und werden wie gewohnt verbucht, beispielsweise auf Standardkonten für Inlandserlöse. EU-Umsätze, die über das OSS-Verfahren abgewickelt werden, müssen separat verbucht werden. Idealerweise führst Du ein Konto je Land und Steuersatz. Hier ein Beispiel:

GeschäftsvorfallSKR03-KontoBeschreibung
Verkauf an Privatkunde in Frankreich8337OSS-Erlöse in Frankreich (20 % USt, zentral gemeldet)
Verkauf an Privatkunde in Spanien8338OSS-Erlöse in Spanien (21 % USt, zentral gemeldet)
OSS-USt-Zahlung an das BZSt1767Abgeführte Umsatzsteuer im Rahmen des OSS-Verfahrens

Diese Kontentrennung hilft Dir, sowohl die Steuererklärung als auch die Buchhaltung übersichtlich und regelkonform zu gestalten – besonders, wenn Du regelmäßig an Privatpersonen in mehreren EU-Ländern verkaufst.

Unterschiede bei der Verbuchung mit und ohne OSS

Ohne OSS wäre eine separate Registrierung und Buchung der Erlöse und Umsatzsteuer für jedes Zielland nötig. Mit OSS kannst Du alle relevanten EU-Umsätze zentral über spezielle OSS-Konten verbuchen – das spart Zeit und reduziert Fehler.

Vor- und Nachteile des OSS-Verfahrens

Das OSS-Verfahren bringt viele Erleichterungen mit sich, doch es gibt auch Einschränkungen, die Du kennen solltest.

Du profitierst vor allem von diesen Vorteilen:

  • weniger Bürokratie: Du musst Dich nicht mehr in jedem einzelnen EU-Land steuerlich registrieren.
  • zentrale Meldung: Du meldest alle relevanten Umsätze gebündelt über das BZSt-Portal.
  • einheitliche Fristen und Abläufe: Die vierteljährliche OSS-Meldung vereinfacht die Steuerorganisation.
  • keine Rechnungspflicht: In bestimmten Fällen entfällt die Pflicht zur Rechnungserstellung für B2C-Umsätze – abhängig von den Vorschriften des jeweiligen EU-Landes.

Die größten Nachteile sind jedoch folgende:

  • kein Vorsteuerabzug möglich: Du kannst ohne Vorsteuervergütungsverfahren keine ausländische Vorsteuer geltend machen. 
  • nur für B2C-Umsätze gültig: B2B-Geschäfte sind vom OSS ausgeschlossen.
  • Meldepflicht auch bei Nullumsatz: Du musst selbst dann eine Erklärung abgeben, wenn in einem Quartal keine Verkäufe stattfanden.

Das OSS-Verfahren erleichtert den EU-weiten B2C-Verkauf deutlich – wer es nutzt, sollte jedoch auch seine Grenzen kennen.

Sonderregelungen und Ausnahmen beim One-Stop-Shop

Das OSS-Verfahren bietet viele Vorteile, aber es gilt nicht uneingeschränkt für alle Arten von Umsätzen oder Unternehmen. Hier erfährst Du, welche Sonderregelungen und Ausnahmen beachtet werden müssen.

Lieferschwelle und Bagatellgrenze von 10.000 €

Wenn die Summe Deiner innergemeinschaftlichen Fernverkäufe jährlich unter 10.000 € netto liegt, kannst Du diese weiterhin mit dem deutschen Umsatzsteuersatz versteuern. Überschreitest Du diesen Betrag, bist Du im Bestimmungsland steuerpflichtig und kannst dafür das OSS-Verfahren nutzen.

Was gilt bei Dienstleistungen?

Auch bestimmte Dienstleistungen wie elektronische Telekommunikations- oder Rundfunkleistungen fallen unter das OSS-Verfahren. Wer außerdem eine elektronische Schnittstelle für den grenzüberschreitenden Verkauf von Waren oder Dienstleistungen betreibt, kann unter Umständen ebenfalls OSS nutzen.

OSS und IOSS im Vergleich

Neben dem OSS-Verfahren gibt es auch den Import-One-Stop-Shop (IOSS). Während OSS für Lieferungen innerhalb der EU gilt, betrifft IOSS den Import von Waren aus Drittländern bis zu einem Warenwert von 150 €. Wenn Du beispielsweise Waren aus China importierst und an Kund:innen in Frankreich verkaufst, kommt das IOSS-Verfahren zum Einsatz.

Software für das OSS-Verfahren: Tools und Automatisierung

Viele Buchhaltungs- und E-Commerce-Plattformen haben mittlerweile Funktionen integriert, um das OSS-Verfahren zu unterstützen. Hier einige Beispiele:

SoftwarelösungRelevante Funktionen
DATEVOSS-konforme Exportdateien für das BZSt
Lexwaredirekte OSS-Meldung, getrennte EU-/Inlandsbuchung
JTL, plentymarketsspeziell für Onlinehändler mit EU-weitem Versand
Shopify, WooCommerceIntegration über Plugins zur OSS-Datenerfassung

Viele Tools erfassen Umsatzdaten automatisch, ordnen sie den richtigen EU-Ländern zu und übermitteln sie fristgerecht ans BZSt. Wichtig ist, dass die Software OSS-kompatibel ist und auch Nullmeldungen unterstützt.

Trotz Automatisierung solltest Du alle Angaben regelmäßig prüfen. Bei komplexen Fällen wie Dropshipping oder Amazon FBA ist es sinnvoll, den Rat eines:r Steuerberater:in einzuholen.

FAQ

Muss ich das OSS-Verfahren nutzen?

Nein, die Teilnahme ist freiwillig.

Wie funktioniert OSS bei Amazon FBA?

OSS greift hier nur bei Lieferungen aus Lagern in Deinem Staat, also Deutschland, ins EU-Ausland.

Kann ich die Vorsteuer im OSS geltend machen?

Nein, dies ist nur über ein separates Vorsteuervergütungsverfahren möglich.

Was passiert bei fehlerhafter OSS-Meldung?

Es drohen Strafzahlungen oder Verspätungszuschläge, in schweren Fällen auch der Ausschluss von Verfahren oder rechtliche Konsequenzen.

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