Rückstellungen: Was ist das?
Rückstellungen, auch ungewisse Verbindlichkeit genannt, sind Posten, die den Gewinn Ihres Unternehmens nach Bilanzstichtag schmälern könnten. Ihre Höhe ist aber noch ungewiss. Sie werden in § 266 HGB und § 249 HGB behandelt.
Rückstellungen sind also Ausgaben, Schulden oder Fremdkapital in unbestimmter Höhe. Ihr Hauptmerkmal ist, dass sie zum Zeitpunkt der bilanziellen Einbeziehung noch nicht sicher sind. Man muss Rückstellungen und Rücklagen unterscheiden. Letztere sind aus den Gewinnen eines Unternehmens einbehaltenes Eigenkapital.
Die wichtigsten Merkmale von Rückstellungen lassen sich in diesen drei wichtigen Punkte zusammenfassen:
- unklare Höhe
- unklarer Fälligkeitszeitpunkt
- Unklarheit, ob überhaupt Rückstellungen entstehen
Verbindlichkeiten dieser Art entstehen in der Regel aus dem vorangegangenen Geschäftsjahr. Sie können beispielsweise aufgrund fehlender Forderungen oder der Nichtbefolgung von Urteilen entstehen.
Arten von Rückstellungen
Sie erfahren mehr über die verschiedenen Arten von Rückstellungen und ihre Merkmale.
Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen
Pensionsverpflichtungen im herkömmlichen Sinne sind Altersrenten, Witwenrenten, Waisenrenten, Invalidenrenten, Übergangsrenten oder Sterbegeld. Sie können zeitlich begrenzt oder lebenslang gezahlt werden. Sie gelten für Mitarbeiter, Vorstände (Geschäftsführer oder Vorstand einer Kapitalgesellschaft) und Gesellschafter oder Externe (z. B. Berater), denen aufgrund ihrer Leistung eine entsprechende Zusage gemacht wurde.
Steuerrückstellungen
Diese sind im Laufe des Geschäftsjahres aus wirtschaftlichen Gründen entstanden . Sie können Steuerrückstellungen für die Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer bilden. Alle davon sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten.
Rückstellungen für Gewährleistungen ohne Rechtsanspruch
Eine gesetzliche Verpflichtung ist für diese Art von Rückstellungen nicht notwendig. Eine tatsächliche Verpflichtung reicht aus.
Andere Rückstellungen
Dazu gehören alle anderen Bestimmungen. Das können Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, Schadensersatzbestimmungen, usw. sein.
Bildung von Rückstellungen
Rückstellungsbeträge müssen in der Gewinn- und Verlustrechnung als Verbindlichkeiten verbucht werden. Sie mindern den Gewinn und werden dem Verschuldungsgrad angerechnet. Rückstellungen müssen für das Jahr gebildet werden, in dem sie entstanden sind. Man muss ihre Höhe schätzen. Die Beträge werden über das sogenannte Rückstellungsaufwandskonto erfasst.
Wenn Sie Waren liefern und ein Gewährleistungsrisiko gegenüber dem Käufer besteht, können Sie hierfür Rückstellungen in der Bilanz erfassen. Die Höhe der Rückstellungen hängt von Ihrer eigenen Garantieerfahrung oder der durchschnittlichen Garantieleistung in der Branche ab.
Rückstellungen werden immer netto berücksichtigt, d.h. zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer.
Auflösung der Rückstellungen
Die Gründe dafür können unterschiedlich sein. Der häufigste Grund ist die Lösung einer Verpflichtung. Der Unternehmer muss die Differenz zwischen dem ursprünglich geschätzten Wert und dem zu zahlenden Betrag ausgleichen.
In der Gewinn- und Verlustrechnung werden Einnahmen und Ausgaben aufgeführt. Am Ende der Berechnung wird die Differenz zwischen diesen Beträgen als Gewinn oder Verlust ausgewiesen.
Unterschiede von Rückstellungen in Rechnungslegungsnormen
Im HGB steht der Gläubigerschutz stets an erster Stelle. Im Gegensatz dazu steht bei den IFRS der Schutz von Anlegern im Vordergrund. Aufgrund der unterschiedlichen Grundprinzipien ergeben sich erhebliche Unterschiede in der Bilanzierung und Bewertung. Welche Bilanzierungs- und Bewertungsunterschiede bestehen also zwischen HGB und IFRS?
Rechnungslegung nach HGB (Handelsgesetzbuch)
Rückstellungen stellen zukünftige Verpflichtungen dar, deren Höhe und tatsächliches Fälligkeitsdatum unbekannt sind. Daher ist ihre Bewertung in der Bilanz nicht so klar definiert wie beispielsweise bei Verbindlichkeiten, die bei Fälligkeit angesetzt werden müssen. Das Handelsgesetzbuch schreibt die Bemessung in § 253 Abs. 1 wie folgt vor: „Rückstellungen werden nur insoweit angesetzt, als dies nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung erforderlich ist.“
Aufgrund dieser Ungewissheit ist daher eine Schätzung des anzuwendenden Betrags erforderlich. Dabei sind die voraussichtliche Verwendung und mögliche Risiken sowie das Vorsichtsprinzip zu berücksichtigen. Liegen verlässliche Daten vor, müssen auch diese entsprechend berücksichtigt werden. Bei Steuerrückstellungen können beispielsweise gewisse Werte genau berechnet werden. Lediglich in Zweifelsfällen sind abweichende Beurteilungen durch einen Buchhalter oder eine Steuerbehörde möglich.
Darüber hinaus können zur Berechnung der Rückstellungshöhe statistische Daten und Erfahrungswerte herangezogen werden. Dies kann unter anderem für Pensions- oder Garantierückstellungen gelten.
Liegen weder ausreichend verlässliche noch statistische Daten vor, müssen künftige Aufwendungen im Einzelfall beurteilt werden. Beruht die Bilanzierung nur auf Annahmen, empfiehlt es sich in jedem Fall, einen höheren Betrag anzusetzen. Dieser trägt dem Vorsichtsprinzip Rechnung und schützt das Unternehmen vor möglichen unerwünschten Überraschungen.
Rechnungslegung nach IFRS (International Financial Reporting Standards)
Ein Abschluss nach IFRS soll dem Kapitalmarkt Informationen liefern, die Anleger für ihre Anlageentscheidungen benötigen. Dies steht im Einklang mit dem angloamerikanischen Prinzip des „True and Fair View” bzw. der “Fair Presentation”. Das bedeutet, ein wahrheitsgetreues und faires Bild der Vermögenswerte, Finanzen und Leistungen eines Unternehmens zu vermitteln. Im Gegensatz zum HGB, das die Erfassung von Aufwendungen und rückstellungsbedingten Schulden in der Handelsbilanz erlaubt, erfordern die IFRS die Angabe spezifischer Gründe für die Rückstellung. Auch gilt: Nur Schuldenrückstellungen sind zu buchen. Darüber hinaus muss die Verpflichtung mit mindestens 50 % Wahrscheinlichkeit eintreten. Liegt jedoch eine geringere Eintrittswahrscheinlichkeit vor, müssen im Antrag weitere Angaben hierzu gemacht werden.
Nicht nur die grundsätzliche Buchführung nach IFRS weicht von den HGB-Regeln ab, sondern auch die in der Buchführung anzugebenden Beträge. Nach IFRS sind nur die wahrscheinlichsten Kosten anzusetzen. Handelt es sich um mehrere Beträge, ist nach IFRS die Angabe des Durchschnitts erforderlich.
Zwischen HGB und den internationalen Standards bestehen also erhebliche Bilanzierungsunterschiede. Die Offenlegungsvorschriften nach deutschem Handelsrecht sind in der Regel höher als nach IFRS.
Steuerliche Behandlung von Rückstellungen
Rückstellungen werden gemäß § 253 Abs. 1 HGB in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Schätzung voraussichtlich erforderlichen Betrages in der Handelsbilanz bewertet.
Zukünftige Preis- und Kostensteigerungen müssen daher in der Handelsbilanz zum Bilanzstichtag berücksichtigt werden, dürfen jedoch im Steuersaldo nicht berücksichtigt werden. Ein weiterer geschätzter Unterschied zwischen handelsrechtlicher und steuerlicher Rechnungslegung besteht in der Abzinsung von Rückstellungen. Der Unterschied liegt sowohl in der Höhe der Zinsen als auch in der Länge der Zinsperiode. In der Handelsbilanz werden Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr gemäß § 253 Abs. 2 HGB mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der letzten sieben Geschäftsjahre verzinst. Dieser wird monatlich von der Deutschen Bundesbank bekannt gegeben. In der Steuerbilanz beträgt der gesetzliche Zinssatz jedoch 5,5 % pro Jahr (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe e EStG). Bezüglich der Dauer der Zinsperiode besteht der Unterschied darin, dass die Handelsbilanz immer den gesamten Leistungszeitraum berücksichtigt; im Steuersaldo für Rückstellungen für Sacheinlagen (z. B. Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen, Rückforderung, Bürgschaft) endet der Abzinsungszeitraum jedoch mit dem voraussichtlichen Beginn der Erfüllung (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe f Satz 2 EStG).
Der BFH hat mit Entscheidungen vom 20. November 2019 (XI R 46/17) und vom 9. März 2023 (IV R 24/19) entschieden, dass in der Steuerbilanz höchstens der nach den besonderen Regeln des Steuerrechts ermittelte Wert der Rückstellungen anzuerkennen ist. Ist der nach handelsrechtlichen Regeln ermittelte Wert der Rückstellungen geringer, so ist dieser ebenfalls in die Steuerbilanz einzubeziehen.
Bedeutung der Rückstellungen für die Bilanzanalyse
Wie aber wirken sich Rückstellungen auf die Bilanz eines Unternehmens aus? Rückstellungen werden auf der Passivseite der Bilanz im Abschnitt „Passiva“ ausgewiesen. Sie erhöhen die Verbindlichkeiten und verringern das Eigenkapital, d. h. den Wert des Nettovermögens des Unternehmens.
Bei der Gewinnermittlung nach dem Überschussverfahren ist die Bildung gewinnmindernder Rückstellungen ausgeschlossen. Bei dieser Gewinnermittlungsmethode werden nur die tatsächlichen Zu- und Abflüsse von Betriebseinnahmen und Betriebsaufwendungen berücksichtigt. Beim Wechsel von der Einnahmen-Überschussrechnung zu umfassender Buchführung können Rückstellungen für betriebliche Risiken geltend gemacht werden. Dies kann dazu beitragen, dass die Übergangsgewinne sinken.
Eine Rückstellung wird aufgelöst, wenn die ungewissen Zahlungsverpflichtungen aktivierungspflichtige Kosten beinhalten. Ein Beispiel: Sie bilden eine Rückstellung, weil Sie einen Anbau an Ihrem Firmengebäude planen. Die Höhe der Kosten zum Bilanzstichtag bleibt ungewiss. Allerdings muss die Erweiterung nach Fertigstellung aktiviert und abgeschrieben werden. Es ist daher nicht möglich, eine Rückstellung zur Deckung dieser Kosten zu bilden.
Kritik an Rückstellungen
Rückstellungen sind oft Gegenstand von Kritik. Das liegt daran, dass Unternehmen viel Ermessensspielraum haben. Die Geschäftsführung hat die Möglichkeit, die Höhe und Ziele der Rückstellungen eigenständig zu bestimmen. Bei Missbrauch kann ein solcher Ansatz zu unzureichenden oder übermäßigen Rückstellungen führen, was die Zuverlässigkeit der Finanzberichterstattung beeinträchtigt.
Einige Unternehmen nutzen Rückstellungen für die Bilanzkosmetik. Dadurch verbessern sie ihre finanziellen Kennzahlen, indem sie Aufwendungen und Verbindlichkeiten manipulieren. Dies kann irreführend sein.
Genau deshalb kritisieren Experten und Regulierungsbehörden solche Rückstellungen. Denn sie verzerren oft die Finanzberichterstattung und verringern die Transparenz für Kreditgeber, Aktionäre und Investoren.
Um das Thema Rückstellungen transparenter zu gestalten, entwickeln Regulierungsbehörden kontinuierlich neue Vorschriften. Beispielsweise gehören dazu die Standards des IASB, die die Zuverlässigkeit der finanziellen Informationen gewährleisten.
Darüber hinaus gibt es Gremien wie die ESMA und den Basler Ausschuss für Bankenaufsicht. Sie schützen die Interessen der Investoren und entwickeln Standards für den Bankensektor.
Aktuelle Trends und Entwicklungen von Rückstellungen
Unternehmen nutzen fortschrittliche Analysemethoden und Softwarelösungen. Gleichzeitig zwingt die Einführung neuer internationaler Rechnungslegungsstandards wie IFRS 9 Unternehmen dazu, ihre Methoden zur Bewertung und zum Management von Rückstellungen anzupassen. Dies umfasst eine genauere Beurteilung der zukünftigen Verpflichtungen und eine transparente Darstellung in den Finanzberichten.
Praktische Beispiele von Rückstellungen
Oft werden Rückstellungen für Kreditrisiken als Absicherung für den Fall von uneinbringlichen Forderungen gebildet. Dies hilft Unternehmen, ihre stabile finanzielle Lage zu erhalten. In Zeiten von Finanzkrisen können Unternehmen aufgrund unzureichender Reservierung Probleme bekommen, was sich negativ auf die Lage des Unternehmens auswirkt.
Rückstellungen für Steuerzahlungen
Betrachten wir das Beispiel eines großen multinationalen Konzerns „MultiTrade GmbH“. Er verkauft seine Produkte in verschiedenen Ländern. Dadurch besteht ein hohes Risiko, mit Unsicherheiten in Bezug auf Steuerverpflichtungen konfrontiert zu werden. Um potenzielle Probleme zu vermeiden, kann das Unternehmen Rückstellungen bilden, um zusätzliche Steuern abzudecken. Auf diese Weise kann es das Risiko von Verlusten verhindern.
Fazit
Wenn Sie nicht gesetzlich zur Bildung von Rückstellungen verpflichtet sind, kann diese Methode für Ihr Unternehmen von Vorteil sein. Durch die sofortige Erfassung als Aufwand verringert die Rückstellung Ihren Buchgewinn direkt, bevor der Aufwand tatsächlich anfällt. Auch das Erstellen einer Rückstellungsübersicht hilft, den Überblick über alle Rückstellungsposten zu behalten.