Gewinnermittlung: Definition
Unter Gewinnermittlung versteht man die Ermittlung der Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben am Ende einer Wirtschaftsperiode. Sie wird mit Hilfe von zwei Arten von Rechnungen durchgeführt:
- Gewinn-und-Verlustrechnung (GuV)
- Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR)
Alle Unternehmer müssen unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens eine Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr beim Finanzamt einreichen. Dafür ist es nötig, zunächst den Gewinn zu ermitteln. Das ist mit verschiedenen Methoden möglich.
Unter Umständen können Sie dazu verpflichtet sein, eine bestimmte Methode einzusetzen, in der Regel können Sie diese jedoch frei wählen. Im Detail sind alle diese Möglichkeiten und Vorgänge in folgenden Gesetzesbüchern erläutert:
- Handelsgesetzbuch (HGB)
- Einkommensteuergesetz (EStG)
- Sonderregelungen und Branchenvorschriften
Rechtliche Grundlagen und Arten der Gewinnermittlung
Im Steuerrecht gibt es zwei unterschiedliche Möglichkeiten, den Gewinn zu ermitteln. Die erste ist die Ermittlung des Gewinns gemäß § 4 Abs. 1 und § 5 EStG, auch bekannt als Betriebsvermögensvergleich (Doppelte Buchführung mit Bilanz und Gewinn-und-Verlustrechnung). Die zweite Methode ist die Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG, auch Überschussrechnung oder Einnahmen-Überschuss-Rechnung genannt.
Der Betriebsvermögensvergleich (BVV) oder Bestandsvergleich wird in § 5 EStG festgelegt. Es wird zwischen einem vollständigen und einem unvollständigen Betriebsvermögensvergleich unterschieden. Bei dieser Methode wird das Betriebsvermögen an einem Stichtag mit dem Betriebsvermögen des vorangegangenen Stichtags verglichen. Als Gewinn gilt dabei die Änderung des Betriebsvermögens als Ergebnis der betrieblichen Vorgänge im Laufe eines Geschäftsjahres. Das Vermögen kann sowohl zunehmen als auch abnehmen.
Methoden der Gewinnermittlung
Gewinnermittlungsmethoden spielen in der Finanzbuchhaltung und Besteuerung eine zentrale Rolle.
Betriebsvermögensvergleich
Diese Methode erfordert eine detaillierte Bewertung aller Komponenten von Aktiva und Passiva des Unternehmens, was eine genaue Überwachung der Veränderungen der finanziellen Situation der Organisation ermöglicht. Im Rahmen dieser Methode führen Unternehmen regelmäßige Inventuren ihrer Vermögenswerte durch, um die Genauigkeit ihrer Buchhaltung zu gewährleisten.
Die Gewinn- und Verlustrechnung ist ein Schlüsseldokument der Buchhaltung. Eine Bilanz zeigt die Vermögenswerte, Verbindlichkeiten und das Eigenkapital des Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt auf. Die Gewinn- und Verlustrechnung hingegen zeigt die finanziellen Ergebnisse der Unternehmensaktivitäten für einen bestimmten Zeitraum an.
Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) bei der Gewinnermittlung
Dies ist eine vereinfachte Methode der Gewinnermittlung, die als Alternative zur doppelten Buchführung (Bilanzierung) gilt. Sie wird vor allem von kleinen und mittelgroßen Unternehmen sowie von Freiberuflern genutzt, die nicht buchführungspflichtig sind. Bei dieser Methode wird der Gewinn nach folgender Formel berechnet:
Einnahmen – Ausgaben = Gewinn
Die Wahl der Gewinnermittlungsmethode richtet sich nach der Buchführungspflicht und der Art des Gewerbes.
Gewinneinkunftsarten (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG) Einkünfte = Gewinn | |||
Gewinnermittlungsarten | § 13 EStG: Land- und Forstwirtschaft | § 15 EStG: Gewerbebetrieb | § 18 EStG: selbstständige Tätigkeit |
Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen | keine gesetzliche Buchführungspflicht (§ 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) | ||
§ 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 EStG: Betriebsvermögensvergleich | gesetzliche Buchführungspflicht (s. HGB, §§ 140, 141 AO) | ||
Betriebsvermögensvergleich | wenn die Rechnungslegung gemäß §§ 140, 141 AO verpflichtend ist oder die Rechnungslegung auf freiwilliger Basis erfolgt | freiwillige Buchhaltung, keine Rechnungslegungspflicht nach Handelsgesetzbuch (HGB) und Abgabenordnung (AO) | |
Einnahmen-Überschussrechnung | wenn weder freiwillig noch aufgrund gesetzlicher Vorgaben Buch geführt wird und § 13a EStG keine Anwendung findet | wenn keine gesetzliche Aufbewahrungspflicht besteht und die Aufbewahrung von Aufzeichnungen nicht freiwillig erfolgt | keine freiwillige Bücherführung |
Gewinnermittlung und Gewinnbegriffe
Je nach der rechtlichen Grundlage des Gewinns unterscheidet man verschiedene Gewinnarten.
- Handelsrechtlicher Gewinn (Jahresüberschuss): Laut Handelsgesetzbuch (HGB) ist dies die positive Differenz zwischen Erträgen und Aufwendungen eines Wirtschaftsjahres. Dieser Gewinn wird im handelsrechtlichen Jahresabschluss über die Gewinn- und Verlustrechnung berechnet.
- Steuerrechtlicher Gewinn: Dieser Gewinn wird durch den Betriebsvermögensvergleich ermittelt. In diesem Fall ist der Gewinn die positive Differenz zwischen dem Betriebsvermögen am Ende des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Ende des jeweils vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Entnahmen werden eingeschlossen, Einlagen werden abgezogen.
Es gibt einige Rechtsformen, die nicht buchführungspflichtig sind, beispielsweise Kleingewerbetreibende. Sie können eine vereinfachte einkommensteuerliche Gewinnermittlung über die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) durchführen. Dadurch wird der Gewinn als Überschuss der Betriebseinnahmen nach Abzug der Betriebsausgaben bestimmt.
- Betriebswirtschaftlicher Gewinn: Dies ist die Differenz zwischen Ertrag und Aufwand. Er wird als Periodengewinn (Gewinn in einer Rechnungsperiode) oder als Stückgewinn (Gewinn je Leistungs- oder Produkteinheit) erfasst. Allgemein bezeichnet man den betriebswirtschaftlichen Gewinn als Erfolg einzelwirtschaftlicher Tätigkeit.
Buchhalterische Aspekte der Gewinnermittlung
Grundsätzlich wird der Gewinn basierend auf den Zahlen der Buchhaltung ermittelt. Deswegen ist es sehr wichtig, die Buchhaltung richtig zu organisieren und laufend zu überprüfen.
Jedes Unternehmen hat Ertrags- und Aufwandskonten, auf denen seine Einnahmen und Ausgaben erfasst werden. Zusammen bilden sie die Erfolgskonten des Unternehmens, die Unterkonten des Gewinn-und Verlustkontos sind.
Die Aufwandskonten erhalten alle das Eigenkapital reduzierende Geschäftsvorgänge. Sie werden über das Gewinn- und Verlustkonto abgeschlossen.
Die Aufwandskonten können z. B. Folgendes enthalten:
- Abschreibungen
- Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
- Fuhrpark-Kosten
- Kosten für Marketing und Werbung
- Löhne und Gehälter
- Miet- und Pachtkosten
Die Aufwendungen reduzieren also das Eigenkapital des Unternehmens. Damit sie transparent im Jahresabschluss dargestellt werden können, sind die Aufwandskonten nötig.
Im Gegensatz dazu erfassen die Ertragskonten alle Geschäftsvorgänge, die das Eigenkapital des Betriebes erhöhen. Aufwendungen werden im Soll gebucht, Erträge dagegen im Haben.
Bei einem Wertverlust werden Abschreibungen und Wertberichtigungen durchgeführt.
Abschreibungen können direkt und indirekt sein. Bei einer direkten Abschreibung wird der Abschreibungsbetrag im Konto “Abschreibungen” und direkt im Vermögenskonto erfasst. Bei einer indirekten Abschreibung wird der Abschreibungsbetrag im Konto “Abschreibungen” sowie indirekt in einem Wertberichtigungskonto erfasst.
Bei einer Wertberichtigung wird ein Wert über das Wertberichtigungskonto auf dem Vermögenskonto berichtigt. Ein Wertberichtigungskonto funktioniert dabei wie ein Passivkonto. Es wird in der Bilanz unter den Aktiven als Minusposition im entsprechenden Vermögenskonto gezeigt. Deshalb wird es auch als “Minus-Aktivkonto” bezeichnet.
Einflussfaktoren auf den Gewinn
Man darf auch nicht vergessen, dass sich die Marktsituation ständig ändert. Dadurch wird auch der Gewinn beeinflusst. Unter den Faktoren, die für die Ermittlung des Gewinns von Bedeutung sind, sind folgende am wichtigsten:
- Umsatzerlöse und Verkaufserfolge
- betriebliche Kosten und Ausgaben
- außerordentliche Erträge und Aufwendungen
- mögliche Risiken
- mögliche Synergieeffekte.
Gewinnsteuern und Abgaben
Nach der Gewinnermittlung muss man entsprechende Steuern zahlen. Sie werden Gewinnsteuern genannt. Davon sind in erster Linie folgende Steuern zu nennen:
- Einkommensteuer bei Personengesellschaften (z. B. OHG, KG)
- Körperschaftsteuer bei Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH, AG)
Grundsätzlich werden diese Steuern als Vorauszahlungen geleistet. Jedoch gibt es immer Wege zur Steueroptimierung und -planung. In dieser Hinsicht ist es sinnvoll, Folgendes zu berücksichtigen:
- mögliche Unsicherheiten, z. B. neue Gesetze, problematische Regelungen, rückwirkende Rechtsregelungen
- mögliche Steuerklauseln in Verträgen
- steuerliche Optimierung der Rechtsform
Gewinnermittlung: Analyse und Interpretation
Der Gewinn ist ein zentraler Indikator für die Ergebnisse der Wirtschaftstätigkeit und beeinflusst die finanzielle Lage einer Organisation direkt. Er charakterisiert sich durch verschiedene Indikatoren wie Kostensenkung, Gewinnsteigerung und die Beschleunigung des Bargeldumlaufs. Die Gewinne aus Haupttätigkeit, sonstigen Einnahmen und außerordentlichen Aktivitäten bilden den Bilanzgewinn.
Der Gewinn erfüllt als Indikator für die Effizienz der Wirtschaftstätigkeit mehrere Funktionen:
- bewertend – der Gewinn ermöglicht es Ihnen, den finanziellen Erfolg Ihres Unternehmens zu messen
- distributiv – der Gewinn wird zwischen dem Unternehmen und anderen Verbrauchern sowie innerhalb des Unternehmens zwischen den Aktionären und dem Unternehmen selbst verteilt
- fördernd – Gewinne können zur Schaffung von Anreiz-Fonds verwendet werden. Der Zweck dieser Fonds besteht darin, das Interesse der Arbeitnehmer an einer Steigerung der Produktionseffizienz zu steigern.
Das Bundesfinanzgericht erkennt die steuerliche Gültigkeit der Gewinnausschüttung an, sofern diese in der Satzung vorgesehen ist und der Gesellschafterbeschluss rechtsgültig ist. Inkongruente Gewinnverteilungen sind möglich, wobei nicht ausgeschüttete Gewinne steuerlich den individuellen Gewinnrücklagen zugerechnet werden können.
Für Investitionsentscheidungen ist die Unternehmensbewertung entscheidend. Sie basiert auf der Analyse der finanziellen Leistung, der Branchenbedingungen und der Risiken. Verschiedene Methoden wie Markt-, Ertragswert- und vermögensbasierte Ansätze bieten einzigartige Perspektiven auf den Unternehmenswert, die für Fusionen, Übernahmen, Finanzberichterstattung und Kapitalbeschaffung unerlässlich sind.
Besonderheiten der Gewinnermittlung je nach Unternehmensform
Abhängig von der Unternehmensform gibt es unterschiedliche Besonderheiten in der Buchhaltung und Steuererklärung.
Für Einzelunternehmer und Personengesellschaften, wie Offene Handelsgesellschaften (OHG) und Kommanditgesellschaften (KG), ist charakteristisch, dass die finanziellen Ergebnisse direkt mit den persönlichen Finanzen der Eigentümer verbunden sind. Gewinn oder Verlust aus der Geschäftstätigkeit beeinflussen direkt die Steuerbasis der Eigentümer.
Für Kapitalgesellschaften, wie Aktiengesellschaften (AG) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), gibt es strengere Anforderungen an die Finanzbuchhaltung. Diese Unternehmen sind verpflichtet, eine vollständige Buchführung mit Erstellung von Bilanzen und Gewinn-und-Verlust-Rechnungen durchzuführen.
Nützliche praktische Hinweise
Es gibt einige praktische Hinweise:
- Freiberufler sowie Kleinunternehmen bis zu 600.000 € Umsatz und 60.000 € Gewinn im Jahr können die EÜR nutzen.
- Alle Ein- und Ausgaben sind durch ordnungsgemäße Belege nachzuweisen. Bei der Buchhaltung können eine EÜR-Vorlage oder EÜR-Software behilflich sein.
- In der EÜR lassen sich durch Betriebsausgaben Steuern sparen. Hier muss man jedoch aufmerksam sein: nicht alle Ausgaben werden vom Finanzamt akzeptiert.
- Für die Steuererklärung sind die Anlage EÜR und weitere nötige Formulare ans Finanzamt zu übermitteln.
- Bilanzierungspflichtig sind bei der Gewinnermittlung z. B. die GmbH und UG.
- Achten Sie auf die richtige Belegorganisation im Büro. Eine Buchhaltungssoftware spart durch die Automatisierung der Vorgänge Zeit.
- Wenden Sie sich an einen Steuerberater. Er kann helfen, den Gewinn korrekt zu ermitteln und Steuern zu sparen.
Praktische EÜR-Beispiele
In verschiedenen Branchen werden unterschiedliche Ansätze und Methoden zur Gewinnermittlung verwendet.
EÜR-Schema Einnahmen Verkaufserlöse (netto) Umsatzsteuer (19 %) Sonstige betriebliche Einnahmen (netto) Umsatzsteuer (19 %) Gesamteinnahmen | Beispielwerte
20.000 € 3.800 € 2.500 € 475 € 26.775 € |
Betriebsausgaben Wareneinkauf (netto) Umsatzsteuer (19 %) Löhne und Gehälter Miete Betriebskosten Sonstige betriebliche Ausgaben Zinsaufwendungen Abschreibungen Gesamtausgaben |
6.000 € 1.140 € 5.000 € 1.500 € 2.000 € 1.500 € 500 € 1.000 € 18.640 € |
Ergebnis Gesamteinnahmen Gesamtausgaben Gewinn vor Steuern Einkommensteuer (40%) Gewinn nach Steuern |
26.775 € -18.640 € 8.135 € -2.440 € 5.695 € |
Fazit
Die Gewinnermittlung ist für jedes Unternehmen bei der Erstellung der Steuererklärung von großer Bedeutung. Bei der direkten / einfachen Gewinnermittlung wird eine Einnahmen-und-Ausgaben-Übersicht erstellt, bei der doppelten Buchhaltung kann man auch andere Wege wählen. Somit ist auch eine Gegenüberstellung der beiden Methoden möglich, denn mit beiden muss dasselbe Ergebnis erzielt werden.
Interessant sind beide Methoden auch in der Hinsicht, dass man alle Übersichten miteinander vergleichen kann. So lassen sich einige Fragestellungen hinsichtlich der Geschäftsentwicklung beantworten, die für jedes Unternehmen relevant sind:
- Umsatzsteigerung/senkung zum Vorjahr
- Umsatztrend der vergangenen Jahre
- Mehraufwände und ihr Gründe
- Kapitalentwicklung
- Vergleich von Privatentnahmen und Privateinlagen
Nach einem Jahr Arbeitstätigkeit gibt es gewöhnlich erst eine geringe Anzahl von Belegen und Rechnungen, wodurch man noch keinen guten Überblick erhält. Durch die Gewinnermittlung kann man leicht feststellen, in welche Richtung sich das Unternehmen entwickelt und ob man alles richtig macht. Deshalb ist die Buchhaltung mit der Gewinnermittlung nicht nur öde Pflicht, sondern auch ein wichtiges Werkzeug für ein erfolgreiches Business.