Was ist das Eigenkapital?
Unter dem Begriff Eigenkapital bezeichnet man finanzielle Mittel, die aus dem eigenen Vermögen des Firmeneigentümers kommen, und bei denen keine Rückzahlungspflicht besteht. Zusammen mit dem Fremdkapital bildet das Eigenkapital das Gesamtkapital eines Betriebs ab.
Der Unterschied zwischen Eigen- und Fremdkapital lässt sich leicht erklären. Das Fremdkapital umfasst die Schulden und jegliche Mittel, die einer Rückzahlungspflicht unterliegen. Fremdkapitalgeber erhalten zudem einen bestimmten Zins, indem der Firmeneigentümer ihr Kapital nutzt, was bei dem Eigenkapital nicht der Fall ist.
Bestandteile des Eigenkapitals
Gemäß § 266 HGB wird das Eigenkapital in folgende Positionen unterteilt:
- Gezeichnetes Kapital: Gezeichnetes Kapital ist bei der Gründungsphase von Kapitalgesellschaften wie Aktiengesellschaften (AG) oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) gesetzlich vorgeschrieben. Bei Aktiengesellschaften heißt das gezeichnete Kapital das Grundkapital (§ 152 I AktG) und bei GmbH das Stammkapital (§ 42 I GmbHG).
- Kapitalrücklagen: Diese gesetzlichen Rücklagen schützen das Unternehmen vor Risiken und Umsatzverlusten, sind gesetzlich verpflichtend und werden von außen hinzugeführt. Bei einer GmbH werden sie durch die Ausgabe von Anteilen gebildet. Entsteht eine Kapitalrücklage bei einer Aktiengesellschaft, erhält der Aktionär Vorzugsaktien.
- Gewinnrücklagen: Wie bei Kapitalrücklagen können Gewinnrücklagen gebildet werden, um das Unternehmen vor Verlusten zu schützen. Im Vergleich zu Kapitalrücklagen entstehen Gewinnrücklagen ausschließlich per Innenfinanzierung. Gemäß § 272 III HGB erfolgt die Bildung der Gewinnrücklagen nur aus dem Jahresüberschuss. Zu den sonstigen Gewinnrücklagen gehören satzungsmäßige Rücklagen, deren Bildung durch Satzung der Gesellschaft festgelegt ist.
- Jahresüberschuss: Unter dem Begriff „Jahresüberschuss“ versteht man einen positiven finanziellen Saldo, der auf dem Jahresabschluss einer Kapitalgesellschaft ersichtlich ist. Der Saldo ergibt sich aus der Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben im Geschäftsjahr und bedeutet für das Unternehmen einen Gewinn. Der Jahresfehlbetrag bezeichnet dagegen den negativen finanziellen Saldo, der auf Verluste hinweist.
- Eigene Anteile: Eine Kapitalgesellschaft kann ihre Anteile nicht nur von Gesellschaftern halten lassen. Außerdem kann die Kapitalgesellschaft selbst eigene Anteile halten. Dafür kann die Gesellschaft Anteile ihrer Gesellschafter erwerben. Diese Anteile werden dann als „eigene Anteile“ ausgewiesen.
Bedeutung des Eigenkapitals
Wenn man mit dem Eigenkapital finanziert, steigt der Anteil des Unternehmenskapitals, indem das Fremdkapital weniger eingesetzt wird. Da es keine Rückgabepflicht und keine Zinsen gibt, ist das bei der Gründungsphase eines Unternehmens sehr wichtig. Das Eigenkapital sollte mindestens 20 % der Kaufsumme betragen.
Sollte man aber Fremdkapital in Betracht ziehen, ist es ohne Eigenkapital nicht möglich. Im Schadensfall haftet der Firmeneigentümer mit seinem eigenen Vermögen. Gläubiger brauchen Garantien und ohne Gläubiger gibt es auch kein Fremdkapital – wie ein Teufelskreis.
Das Eigenkapital dient außerdem als Indikator der finanziellen Stabilität eines Unternehmens. Der Gewinn in Kapitalgesellschaften wird oft am Eigenkapital aufgeteilt. In anderen Worten, je höher die Eigenkapitalquote, desto erfolgreicher ist das Unternehmen.
Eigenkapitalquote
Die Eigenkapitalquote ist eine Bilanzkennzahl und schildert den Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital. Wenn der Anteil des Eigenkapitals hoch ist, stellt es das Unternehmen finanziell unabhängig dar. Banken und andere Gläubiger nutzen diese betriebswirtschaftliche Kennzahl, um festzustellen, ob das Unternehmen kreditwürdig ist.
Die Berechnung der Eigenkapitalquote erfolgt nach der folgenden Formel:
Eigenkapitalquote = (Eigenkapital / Gesamtkapital) * 100
Eine Eigenkapitalquote von 30 % gilt als gesund. Ab unter 10 % ist die Quote „schwach“.
Mit Stand von 2021 sehen Eigenkapitalquoten in verschiedenen Branchen so aus: Die durchschnittliche Eigenkapitalquote von mittelständischen Unternehmen in Deutschland im Baugewerbe lag im Jahr 2021 bei 24 Prozent.
Maßnahmen zur Stärkung des Eigenkapitals
Eine hohe Eigenkapitalquote muss in krisenhaften Situationen besonders wert sein. Um Risiken zu vermeiden, muss man im Voraus Maßnahmen ergreifen, damit das Eigenkapital steigt.
- Kapitalerhöhung: Eine Kapitalerhöhung kann durch eine Innen- oder eine Außenfinanzierung durchgeführt werden. Bei Aktiengesellschaften werden im Rahmen der Kapitalerhöhung neue Aktien ausgegeben. Bei einer GmbH handelt es sich um Geschäftsanteile. Somit steigt entsprechend das Grundkapital bzw. das Stammkapital. Die Investoren bekommen in diesem Fall Anteile in dem Unternehmen.
- Gewinnthesaurierung: Bei der Gewinnthesaurierung bleiben erzielte Gewinne im Betrieb und werden nicht ausgeschüttet. Eine Gewinnthesaurierung ist deswegen nur dann möglich, wenn ein Gewinn erwirtschaftet wurde. Diese Finanzmittel können dann z. B. verwendet werden, um Anschaffungen zu finanzieren.
- Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital: Die Verringerung der Zins- und Tilgungsraten kann durch Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital erfolgen (engl. „Debt-Equity-Swap“). Darlehen können als Eigenkapital eingeordnet werden, indem Gläubiger einen Rangrücktritt von Fremdkapital vornehmen und somit zu (Mit-)Eigentümern werden. Diese Umwandlung ist somit ein effektives Instrument zur Verbesserung der Eigenkapitalquote.
Rechtlicher Rahmen des Eigenkapitals
Gesetzliche Grundlagen für das Eigenkapital lassen sich grundsätzlich im Handelsgesetzbuch (HGB), im Aktiengesetz (AktG) finden. Dazu einige Beispiele.
Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die ihren Sitz in Deutschland haben, werden in der Regel gemäß Handelsgesetzbuch (HGB) bilanziert. Demnach wird Eigenkapital von Vermögenswerten, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten separat angegeben.
Nach § 7 AktG macht das Grundkapital in Aktien mindestens 50.000 EUR aus, wobei die Gesamtnennbeträge aller Aktiengattungen gesondert auszuweisen sind.
Unternehmen und kapitalmarktorientierte Konzerne und Gesellschaften, die an der deutschen oder amerikanischen Börse gelistet sind, müssen dagegen nach IFRS bilanzieren. IFRS steht für „International Financial Reporting Standards“. Diese Standards umfassen internationale Rechnungslegungsvorschriften für Unternehmen, die das International Accounting Standards Board (IASB) veröffentlicht. Durch das IFRS werden Abschlüsse international vergleichbar.
Eigenkapital in verschiedenen Unternehmensformen
Die Höhe des Eigenkapitals variiert je nach Unternehmensart. Die Zahlen sind wie folgt:
Einzelunternehmen: Ein Mindesteigenkapital ist keine Pflicht. Allerdings muss man beachten: Ein Einzelunternehmer hat im Falle einer Insolvenz eine unbeschränkte Haftungsbeschränkung und riskiert somit mit seinem privaten und betrieblichen Vermögen. Bei Einzelunternehmen kann das Eigenkapital variieren.
Personengesellschaften: Wie bei Einzelunternehmen ist bei Gründung einer Personen(handels)gesellschaft kein Eigenkapital notwendig. Bei Offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften kann es hingegen so bestimmt werden, dass ein Teil des Eigenkapitals unveränderlich bleibt. Jeder einzelne Gesellschafter verfügt aber über variable und konstante Kapitalkonten.
Kapitalgesellschaften: Im Vergleich zu Einzelunternehmen und Personengesellschaften ist das Mindesteigenkapital bei Kapitalgesellschaften gesetzlich verpflichtend. Bei einer GmbH muss das Stammkapital laut §5 Absatz 1 GmbHG mindestens 25.000 EUR betragen. Bei einer AG liegt nach dem § 7 AktG der Mindestnennbetrag des Grundkapitals bei 50.000 EUR.
Dividenden
Eine Dividende ist eine Gewinnausschüttung einer Aktiengesellschaft an ihre Aktionäre. Sollte die AG einen Gewinn erzielen, ist eine Gewinnbeteiligung für Aktionäre möglich. Dividenden hängen somit direkt vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ab. Man unterscheidet folgende Arten von Dividenden: Bardividende, Sachdividende, Überdividende, Vorzugsdividende, Stockdividende und Abschlagsdividende.
Die Dividendenpolitik bestimmt, wie der Dividendenwert berechnet wird und wann sie ausgezahlt wird. Zudem wird festgelegt, wer was erhält, sollte ein Unternehmen unterschiedliche Anlageklassen besitzen. Zum Beispiel haben Vorzugsaktien von den normalen Aktionären Vorrang, wenn es um Auszahlungsfristen geht.
Der Preis von Aktien resultiert aus Nachfrage und Angebot. Wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt, möchten mehr Anleger eine Aktie kaufen als verkaufen. Infolgedessen steigt der Kurs, denn die Aktie ist gefragt. Sollte das Angebot die Nachfrage übersteigen, sinkt der Kurs, weil Anleger an einer Aktie weniger interessiert sind.
Bewertung des Eigenkapitals
Bei börsennotierten Unternehmen handelt es sich um den Marktwert (engl. „market value“) und den Buchwert (engl. „book value“). Während der Marktwert wiedergibt, was ein Unternehmen in den Augen der Marktteilnehmer wert ist, schildert der Buchwert den Wert eines Unternehmens entsprechend ihren Finanzen (Büchern).
Für die Bewertung des Eigenkapitals benutzt man oft die Eigenkapitalquote. Alternativ kann man die Eigenkapitalrentabilität ermitteln. Hier wird ersichtlich, ob der Einsatz des Eigenkapitals effizient war. Der ermittelte Wert sollte das Zinsniveau langfristiger Anlagen überschreiten. Dann wurde das Eigenkapital durch seinen Einsatz im Unternehmen höher verzinst als bei einer Anlage.
Die Berechnung der Eigenkapitalrentabilität erfolgt nach der Formel:
Eigenkapitalrentabilät = Gewinn x 100 / Eigenkapital
Bewertungsprobleme ergeben sich nicht nur aus der Unternehmensform, sondern auch aus den unterschiedlichen Wertvorstellungen zwischen Gründern und Kapitalgebern. Während die Investoren den potenziellen Wert des Unternehmens in Betracht ziehen, beruht häufig für die Gründer der Unternehmenswert auf Basis des bisherigen Unternehmensgeschichte. Außerdem kommt es zu unterschiedlichen Informationsständen zwischen Gründern und Investoren. Gründer sind über ihr eigenes Unternehmen besser informiert. Infolgedessen kann es vorkommen, dass eine Investition nicht getätigt wird, was aber nach vollständigen Informationen sinnvoll wäre.
Trends und Herausforderungen
Die Finanzkrise hat viele Bankkunden dazu gezwungen, Geld von der Bank abzuheben und das Ersparte aufzubrauchen. Um keine Bargeld-Engpässe zu haben, müssen Banken einige Kundeneinlagen bereithalten und diese nicht vergeben – zum Beispiel in Form von Darlehen. Vor der Finanzkrise betrug dieser Anteil ca. zwei bis drei Prozent der gesamten Einlagen. Jetzt sind gemäß den aktuellen Aufsichtsregeln „Basel III“ mindestens 4,5 Prozent harte Kernkapitalquote (CET1) notwendig, bei Großbanken sogar 10,55 Prozent (Deutsche Bank).
Eine fundamentale Herausforderung für Banken sind die ESG-Anforderungen („Environmental, Social, Governance“). Nachhaltigkeit spielt nicht nur in allen Branchen eine immer größere Rolle. Sie wird zukünftig auch eine Hauptvoraussetzung für einen Kapitalzugang am Finanzmarkt sein. Unternehmen müssen damit rechnen, dass sich Investoren immer stärker auf Nachhaltigkeitsrisiken konzentrieren, besonders bei Finanzierungsfragen. Darüber hinaus gibt es keine einheitlichen Bewertungsmethoden. Unternehmen sollten sich trotzdem darauf einstellen, dass ESG-Anforderungen bonitätsrelevant werden.
Fazit
Das Eigenkapital ist ein entscheidender Faktor bei der Finanzierung eines Unternehmens. Das heißt, je weniger Geld man in das Gesamtkapital einbringt, desto höher sind die Risiken für die Gläubiger und somit die Zinsen. Und umgekehrt: Je höher das Eigenkapital ist, desto günstiger wird das Darlehen. In diesem Artikel haben wir zusammengefasst, was wir für relevant zu diesem Thema hielten.