Materialgemeinkosten sind entscheidend, um Produktionskosten realistisch zu kalkulieren – und damit Deine Preiskalkulation präzise und wettbewerbsfähig zu gestalten. In diesem Artikel erfährst Du, was Materialgemeinkosten genau sind, wie Du sie berechnest und warum sie für Deine Kostenrechnung so wichtig sind.
Was sind Materialgemeinkosten?
Materialgemeinkosten umfassen alle Materialkosten, die nicht direkt einem einzelnen Produkt zugeordnet werden können. Dazu gehören zum Beispiel Lagerhaltung, Wareneingang, Beschaffung, Materialprüfung oder Versicherungen für Bestände. In der Kostenrechnung sind sie ein fester Bestandteil der Herstellungskosten nach § 255 HGB – und damit Pflichtbestandteil einer vollständigen Kalkulation.
Während Materialeinzelkosten wie Rohstoffe oder spezielle Bauteile direkt einem Auftrag zugeordnet werden, entstehen Materialgemeinkosten im Hintergrund. Sie fallen an, egal ob Du ein Produkt oder hundert Stück produzierst, und werden über Zuschlagssätze auf die Einzelkosten verteilt.
Typische Entstehungspunkte finden sich in der Materialkostenstelle, etwa durch:
- Personal im Einkauf, Wareneingang oder in der Materialprüfung
- Miete, Energie und Instandhaltung von Lagerräumen
- IT-Systeme für Bestandsverwaltung
- Abschreibungen auf Lagertechnik und Transportmittel
Materialeinzelkosten vs. Materialgemeinkosten
Der wichtigste Unterschied: Materialeinzelkosten lassen sich eindeutig einem Produkt oder Auftrag zuordnen – etwa bestimmte Rohstoffe, Bauteile oder Sonderanfertigungen. Materialgemeinkosten hingegen fallen indirekt an und müssen mithilfe eines Zuschlagssatzes auf die Einzelkosten verteilt werden.
Diese Trennung ist entscheidend für eine korrekte Kalkulation. Werden Materialgemeinkosten vergessen oder falsch zugeordnet, beeinflusst das direkt Deine Preiskalkulation. Das kann schnell zu niedrigen Verkaufspreisen führen.
Praxisbeispiel zur Abgrenzung
Materialeinzelkosten: 50 m Stoff für eine Sonderanfertigung, die nur für diesen Auftrag verwendet werden.
Materialgemeinkosten: Miete und Energie für das Lager, in dem der Stoff zusammen mit anderen Materialien gelagert wird.
Materialgemeinkosten berechnen: Grundlagen und Vorgehen
Um Materialgemeinkosten korrekt zu berechnen, brauchst Du eine klare Basisgröße. In der Praxis nutzt man dafür meist die Materialeinzelkosten als Bezugsgröße. Die Verteilung erfolgt über den sogenannten Gemeinkostenzuschlagssatz.
So gehst Du vor:
- Materialgemeinkosten ermitteln – zum Beispiel Lagerkosten, Personalkosten im Einkauf, Abschreibungen, Versicherungen.
- Bezugsgröße festlegen – meist die Materialeinzelkosten im gleichen Zeitraum.
- Zuschlagssatz berechnen – Materialgemeinkosten ÷ Materialeinzelkosten × 100.
- Zuschlag anwenden – der ermittelte Prozentsatz wird auf die Materialeinzelkosten jedes Auftrags aufgeschlagen.
Die Ermittlung erfolgt oft im Betriebsabrechnungsbogen (BAB) und basiert auf der Kostenstelle „Material“. So stellst Du sicher, dass alle indirekten Materialkosten verursachungsgerecht verteilt werden.
Am Ende solltest Du die Zuschlagssätze dokumentieren und archivieren. So kannst Du sie bei künftigen Kalkulationen schnell wiederverwenden und Veränderungen im Zeitverlauf einfach nachvollziehen.
Häufige Fehler bei der Berechnung von Materialgemeinkosten
Auch wenn die Berechnung standardisiert erscheint, kann es in der Praxis schnell zu Ungenauigkeiten kommen. Häufig werden bestimmte Kostenarten nicht vollständig erfasst, etwa IT-Systeme oder Versicherungen.
Ein weiteres Problem sind veraltete Zuschlagssätze oder eine unpassende Bezugsgröße, die die Kalkulation verzerren. Um Materialgemeinkosten zuverlässig zu berechnen, solltest Du Deine Grundlagen regelmäßig prüfen und an aktuelle Gegebenheiten anpassen. So bleibt Deine Preiskalkulation stimmig – und Deine Margen verlässlich.
KI-Buchhaltung entdeckenFormel für Materialgemeinkosten
Die Berechnung erfolgt mit dem Materialgemeinkosten-Zuschlagssatz.
Formel:
Zuschlagssatz in % = (Materialgemeinkosten ÷ Materialeinzelkosten) × 100
Beispielrechnung:
- Materialgemeinkosten im Jahr: 30.000 €
- Materialeinzelkosten im Jahr: 120.000 €
- Zuschlagssatz: 30.000 € ÷ 120.000 € × 100 = 25 %
Hat ein Auftrag Materialeinzelkosten von 2.400 €, beträgt der Zuschlag 2.400 € × 25 % = 600 €. Diese 600 € fließen zusätzlich in die Herstellungskosten ein und beeinflussen damit direkt Deine Preiskalkulation.
Materialgemeinkosten im Vergleich zu Fertigungsgemeinkosten
Materialgemeinkosten beziehen sich auf alle indirekten Kosten rund um den Materialbereich – vom Einkauf über Lagerung bis zur Qualitätsprüfung. Sie werden in der Kostenstelle „Material“ gesammelt und meist auf Basis der Materialeinzelkosten verteilt.
Fertigungsgemeinkosten entstehen dagegen in der Produktion selbst, zum Beispiel durch Meisterlöhne, Maschinenabschreibungen, Miete oder Energie in der Fertigungshalle. Diese Kosten laufen über die Kostenstelle „Fertigung“ und werden oft auf Basis der Fertigungslöhne verteilt.
Beide Arten von Gemeinkosten sind Bestandteil der Herstellungskosten nach § 255 HGB. Nur wenn Du beide korrekt berücksichtigst, liefert die Preiskalkulation ein realistisches Bild – und schützt Dich vor Unterkalkulation.
KI-Buchhaltungsagent ausprobierenWie wirken sich Materialgemeinkosten auf die Produktkalkulation aus?
Korrekt berechnete Materialgemeinkosten sichern die Wirtschaftlichkeit Deiner Angebote. Sie sorgen dafür, dass alle indirekten Materialkosten in die Preiskalkulation einfließen und Deine Preise nicht zu niedrig angesetzt werden.
In der Vollkostenrechnung bilden Material- und Fertigungsgemeinkosten gemeinsam mit den Einzelkosten die Herstellungskosten. Verwaltung und Vertrieb kommen anschließend hinzu, um die Selbstkosten zu ermitteln. Auf dieser Basis bestimmst Du den endgültigen Angebotspreis.
Werden Materialgemeinkosten zu niedrig angesetzt, riskierst Du Margenverluste. Sind sie zu hoch kalkuliert, kann das Deine Wettbewerbsfähigkeit mindern. Eine regelmäßige Überprüfung der Zuschlagssätze in der Kostenstelle „Material“ hilft, dieses Gleichgewicht zu halten.
Materialgemeinkosten in Kostenstellenrechnung & Buchhaltung
In der Kostenstellenrechnung werden Materialgemeinkosten in der Hauptkostenstelle „Material“ gesammelt. Von dort aus werden Vorleistungen aus Hilfskostenstellen – etwa interne Logistik – per Umlage zugeordnet. Der Betriebsabrechnungsbogen (BAB) dient dabei als zentrales Werkzeug, um die Zuschlagssätze zu ermitteln und regelmäßig zu prüfen.
In der Buchhaltung erscheinen Materialgemeinkosten zunächst als periodische Aufwände auf Gemeinkostenkonten. Für die Kalkulation werden sie nicht direkt einem Auftrag, sondern über den ermittelten Zuschlagssatz den Materialeinzelkosten zugerechnet. In der Praxis erfolgt diese Verrechnung meist automatisiert – auf Basis vordefinierter Zuschlagssätze. So fließen die Kosten verursachungsgerecht in die Preiskalkulation ein.
Eine saubere Trennung zwischen Finanzbuchhaltung und Kostenrechnung sorgt dafür, dass Deine Zahlen sowohl für interne Entscheidungen als auch für die externe Rechnungslegung belastbar sind.
Materialgemeinkosten und ihre rechtliche Einordnung nach § 255 HGB
Nach § 255 HGB gehören angemessene Anteile von Materialgemeinkosten zwingend zu den Herstellungskosten. Das bedeutet: Sie müssen nicht nur in der internen Kalkulation, sondern auch in der Handels- und Steuerbilanz berücksichtigt werden.
Werden Materialgemeinkosten zu niedrig angesetzt oder ganz weggelassen, kann das zu fehlerhaften Bewertungen von fertigen und unfertigen Erzeugnissen führen. Das wirkt sich direkt auf den Jahresabschluss und damit auch auf steuerliche Ergebnisse aus.
Damit die Ermittlung prüfungssicher ist, solltest Du Zuschlagssätze regelmäßig aktualisieren und alle relevanten Kostenarten in der Material-Kostenstelle erfassen. So erfüllst Du sowohl die gesetzlichen Anforderungen als auch die Ansprüche einer präzisen Preiskalkulation.
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