Die Eröffnungsbilanz ist für viele Unternehmen der erste Schritt in die strukturierte Buchführung. Sie zeigt, mit welchen Vermögenswerten ein Unternehmen startet und wie diese finanziert wurden. Aber wer muss eine Eröffnungsbilanz erstellen? Wie ist sie aufgebaut und welche Fristen gelten?
In diesem Artikel erfährst Du alles Wichtige rund um die Eröffnungsbilanz, von der Definition über den inhaltlichen Aufbau bis hin zur praktischen Anleitung. Außerdem findest Du hier ein Eröffnungsbilanz-Beispiel für die direkte Umsetzung.
Was ist eine Eröffnungsbilanz?
Die Eröffnungsbilanz ist eine Übersicht über alle Vermögenswerte und Schulden eines Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt, meist bei Gründung eines Unternehmens oder zu Beginn eines neuen Geschäftsjahres. Sie ist gesetzlich vorgeschrieben und bildet die Grundlage für die ordnungsgemäße Buchführung.
Aber sie ist mehr als nur eine Liste: sie zeigt, mit welchen Vermögenswerten das Unternehmen startet und wie dieses Startvermögen finanziert wurde, beispielsweise durch Eigenmittel, Kredite oder sonstige Verbindlichkeiten.
Die Eröffnungsbilanz ist Teil der doppelten Buchführung. Ohne sie können keine Bestandskonten eröffnet und keine Buchungssätze erfasst werden. Sie ist somit der Startpunkt aller weiteren Geschäftsvorfälle und oft die erste offizielle Darstellung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens.
Während die Schlussbilanz das Geschäftsjahr abschließt, wird das neue Geschäftsjahr durch die Eröffnungsbilanz eröffnet. Bei bestehenden Unternehmen müssen beide identisch sein. Dieses Prinzip nennt sich Bilanzidentität. Nur bei Gründung oder Umwandlung weichen sie voneinander ab.
Wer muss eine Eröffnungsbilanz erstellen?
Eine Eröffnungsbilanz ist immer dann Pflicht, wenn ein Unternehmen zur doppelten Buchführung verpflichtet ist. Das betrifft vor allem Neugründungen, aber auch bestimmte Sonderfälle wie Umwandlungen oder Nachfolgeregelungen.
Pflicht bei Gründung und Neuanfang
Bei der Gründung einer GmbH oder UG ist die Eröffnungsbilanz gesetzlich vorgeschrieben. Dabei muss sie bereits ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Geschäftstätigkeit bestehen, oft auch vor der Eintragung ins Handelsregister. Sie dient unter anderem als Grundlage für die korrekte Erfassung der Gründungskosten der GmbH in der Finanzbuchhaltung.
Auch bei einem Neustart nach Geschäftsaufgabe oder bei einem Wechsel von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung zur Bilanzierung muss eine neue eröffnende Bilanz erstellt werden.
Hier die relevanten Rechtsformen im Überblick:
- GmbH und UG (haftungsbeschränkt): immer bilanzierungspflichtig, Eröffnungsbilanz ist zwingend
- Einzelunternehmen und GbR: nur dann bilanzierungspflichtig, wenn sie in zwei aufeinanderfolgenden Jahren entweder mehr als 800.000 € Umsatz oder mehr als 80.000 € Gewinn erzielen
Es gibt einige Sonderfälle, in denen ebenfalls eine Eröffnungsbilanz notwendig ist:
- Rechtsformwechsel, beispielsweise von GbR zu GmbH
- Unternehmensverkauf oder -übernahme
- Fusionen oder Spaltungen
- Nachfolge oder Einbringung in eine neue Gesellschaft
In diesen Fällen spricht man auch von einer Gründungsbilanz im Rahmen einer Umwandlung, die gleichzeitig als neue Eröffnungsbilanz dient.
Wann ist eine Eröffnungsbilanz fällig?
Die Eröffnungsbilanz muss immer zum Zeitpunkt der tatsächlichen Geschäftsaufnahme erstellt werden – also dann, wenn das Unternehmen seine operative Tätigkeit beginnt. Dieser Stichtag kann auch vor dem Handelsregistereintrag liegen, etwa bei einer GmbH in Gründung.
Fristen für die Erstellung
Gesetzlich vorgeschriebene Fristen für die Abgabe der Eröffnungsbilanz gibt es zwar nicht, in der Praxis gibt es jedoch klare Orientierungswerte:
- Größere Kapitalgesellschaften reichen die Bilanz innerhalb von 3 Monaten ein.
- Kleinere Unternehmen haben meist bis zu 6 Monate Zeit.
Besonderheiten bei GmbH und UG
Bei der Gründung einer GmbH oder UG ist zu beachten, dass bereits mit Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrags eine sogenannte „Vorgesellschaft“ entsteht. Auch diese muss in der Eröffnungsbilanz berücksichtigt werden – inklusive aller Vorgänge vor dem offiziellen Handelsregistereintrag.
Abgabe beim Finanzamt
Die Abgabe der Eröffnungsbilanz erfolgt entweder elektronisch über ELSTER oder über einen Steuerberater. Wichtig ist, dass sie von allen Geschäftsführer:innen unterschrieben werden muss. In bestimmten Fällen ist auch eine notarielle Beglaubigung notwendig.
Aufbau und Inhalt einer Eröffnungsbilanz
Die Eröffnungsbilanz besteht aus zwei Seiten, der Aktiva (linke Seite) und Passiva (rechte Seite). Sie zeigt, was dem Unternehmen gehört und wie das Vermögen finanziert wurde.
- Aktiva: Anlage- und Umlaufvermögen wie Maschinen, Büroausstattung, Bargeld, Warenlager
- Passiva: Finanzierung durch Eigenkapital, Kredite, Verbindlichkeiten oder Rückstellungen
- Kapitalstruktur: Differenz zwischen Eigen- und Fremdkapital
So entsteht ein klarer Überblick über die finanzielle Ausgangslage Deines Unternehmens.
Eröffnungsbilanzen erstellen in 5 einfachen Schritten
Mit folgenden Schritten erstellst Du eine vollständige und korrekte Eröffnungsbilanz:
- Eröffnungsstichtag festlegen: Der Stichtag entspricht dem Beginn der Geschäftstätigkeit, nicht zwingend dem Handelsregistereintrag.
- Inventur und Bewertung: Alle Vermögenswerte und Schulden müssen erfasst und realistisch bewertet werden, beispielsweise anhand von Rechnungen oder Marktwerten.
- Gliederung nach Aktiva und Passiva: Die Bilanz wird übersichtlich in Mittelverwendung (links) und Mittelherkunft (rechts) aufgeteilt.
- Buchung über das Eröffnungsbilanzkonto: Für die korrekte doppelte Buchführung wird ein eigenes Eröffnungsbilanzkonto genutzt.
- Übermittlung an das Finanzamt: Die fertige Bilanz wird unterschrieben und entweder elektronisch, beispielsweise via ELSTER, oder über den Steuerberater eingereicht.
Einmal korrekt erstellt, bildet die Eröffnungsbilanz die Grundlage für alle folgenden Buchungen im neuen Geschäftsjahr.
Bilanzidentität: Warum Eröffnungs- und Schlussbilanz übereinstimmen müssen
Die sogenannte Bilanzidentität ist ein zentrales Prinzip der Buchhaltung. Es bedeutet, dass die Eröffnungsbilanz eines neuen Geschäftsjahres exakt mit der Schlussbilanz des Vorjahres übereinstimmen muss.
Diese Regel sorgt für Konsistenz in der Buchführung und verhindert, dass Bilanzwerte willkürlich verändert oder zwischen Jahren verschoben werden.
Für das Finanzamt ist die Bilanzidentität ein Kontrollinstrument. Sie stellt sicher, dass Gewinne und Verluste korrekt dem richtigen Zeitraum zugeordnet werden – und dass sich Unternehmen nicht „schöner rechnen“ als sie sind.
Hilfe bei der Erstellung: Warum ein Steuerberater sinnvoll sein kann
Gerade bei der erstmaligen Erstellung einer Eröffnungsbilanz kann professionelle Hilfe viel Zeit und Unsicherheit ersparen. Bereits kleine Fehler, etwa bei der Bewertung von Sacheinlagen, können rechtliche Folgen haben.
Ein Steuerberater kann Dir bei der Erstellung der Eröffnungsbilanz viel Arbeit abnehmen. Besonders in der Gründungsphase ist das eine große Entlastung.
Ein zuverlässiger Steuerberater:
- kennt gesetzliche Anforderungen und Fristen
- prüft, ob Werte korrekt angesetzt sind
- kennt sich mit Sonderfällen wie Umwandlungen oder Nachfolgen aus
- haftet im Zweifel für Fehler
Alternativen zur Steuerkanzlei
Für kleinere Gründungen reicht oft eine gute Buchhaltungssoftware aus. Viele Tools bieten integrierte Vorlagen, Prüflisten oder automatische Buchungsvorschläge. Wer sich gut einarbeitet, kann hier viel sparen.
Auch kostenlose Vorlagen zur Eröffnungsbilanz oder Checklisten, beispielsweise von Industrie- und Handelskammern, helfen beim Einstieg.
Was kostet die Erstellung einer Eröffnungsbilanz?
Die Kosten hängen davon ab, ob Du die Bilanz selbst erstellst oder professionelle Hilfe nutzt:
- Steuerberater: Die Abrechnung erfolgt meist nach der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV). Für einfache Bilanzen kannst Du mit rund 300 bis 800 € rechnen, bei komplexeren Fällen auch deutlich mehr.
- Eigenleistung mit Software: Viele Programme bieten günstige Einstiegspakete von circa 10 bis 30 € im Monat an. Die Investition lohnt sich, wenn Du langfristig selbst bilanzieren möchtest.
Wer sich Zeit sparen und Fehler vermeiden will, ist mit professioneller Unterstützung gut beraten. Wer hingegen viel selbst macht, kann die Kosten deutlich senken – muss aber auch mehr Verantwortung übernehmen.
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