Die Liquiditätsgrade zeigen, ob ein Unternehmen zahlungsfähig ist. In diesem Artikel erfährst Du, was Liquidität 1., 2. und 3. Grades bedeutet und wie man die wichtigsten Kennzahlen berechnet.

Inhalt

Konzept und Bedeutung der Liquiditätsgrade

Liquiditätskennzahlen sind zentrale Werkzeuge, um die kurzfristige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens einzuschätzen. Sie helfen, Risiken frühzeitig zu erkennen und die finanzielle Stabilität zu sichern.

Was sind Liquiditätsgrade?

Doch was genau versteht man unter Liquiditätsgraden und warum sind sie so wichtig für Unternehmen? 

Liquiditätsgrade sind Kennzahlen, die zeigen, wie gut ein Unternehmen seine kurzfristigen Verbindlichkeiten decken kann. Sie geben in Prozent an, ob genug liquide Mittel vorhanden sind, um Rechnungen und andere Verpflichtungen fristgerecht zu bezahlen. Je höher der Wert, desto besser ist die kurzfristige Zahlungsfähigkeit. Mit den passenden Formeln lassen sich die Liquiditätsgrade berechnen und gezielt in die Finanzplanung einbeziehen.

Es gibt drei Stufen der Liquidität:

  • Liquidität 1. Grades: Berücksichtigt nur sofort verfügbare Zahlungsmittel wie Bargeld und Bankguthaben
  • Liquidität 2. Grades: Berücksichtigt zusätzlich offene Kundenrechnungen, die bald fällig sind
  • Liquidität 3. Grades: Bezieht das gesamte Umlaufvermögen ein, inklusive Lagerbeständen

Warum sind Liquiditätsgrade wichtig?

Liquidität sichert das Überleben eines Unternehmens. Ohne ausreichend Zahlungsmittel können Rechnungen nicht beglichen, Löhne nicht gezahlt und keine Investitionen getätigt werden.

Zusammenhang zwischen Liquidität und finanzieller Stabilität

Eine hohe Liquidität bietet Sicherheit, auch bei unerwarteten Ausgaben. Doch ungenutztes Kapital kann ineffizient sein.

Eine niedrige Liquidität schadet nicht nur intern, sondern kann auch das Vertrauen von Geschäftspartner:innen, Lieferant:innen und Banken beeinträchtigen.

Eine kluge Unternehmensstrategie sorgt für Balance. Die Herausforderung ist, eine Strategie zu entwickeln, die die finanzielle Stabilität sichert, aber gleichzeitig Wachstum ermöglicht.

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Die Haupt-Liquiditätsgrade und ihre Berechnung

Liquiditätsgrade zeigen die finanzielle Situation eines Unternehmens auf. Um die Zahlungsfähigkeit zu analysieren, nutzt man verschiedene Liquiditätsgrade-Formeln, die unterschiedliche Vermögenswerte berücksichtigen. 

Im Folgenden findest Du die Berechnungsformeln einfach erklärt – mit Beispielen und einer Interpretation der Liquiditätsgrade.

Die Liquidität 1. Grades berücksichtigt nur sofort verfügbare Zahlungsmittel. Die Liquidität 2. Grades bezieht zusätzlich kurzfristige Forderungen ein, während die Liquidität 3. Grades das gesamte Umlaufvermögen umfasst.

Liquidität 1. Grades (Absolute Liquidität)

Die Liquidität 1. Grades, auch absolute Liquidität genannt, zeigt, ob ein Unternehmen seine kurzfristigen Schulden mit sofort verfügbaren Zahlungsmitteln begleichen kann.

Diese Kennzahl berücksichtigt ausschließlich:

  • Bargeld bzw. Kassenbestand
  • Bankguthaben 
  • kurzfristig verfügbare Wertpapiere wie Staatsanleihen mit kurzer Laufzeit

Da nur die sofort verfügbaren Mittel betrachtet werden, bietet die Liquidität 1. Grades einen realistischen Eindruck der kurzfristigen Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens.

Liquidität 1. Grades: Formel

Liquidität 1. Grades = (Liquide Mittel / Kurzfristige Verbindlichkeiten) × 100

Die Liquidität 1. Grades zeigt, ob ein Unternehmen seine kurzfristigen Schulden sofort mit Bargeld, Bankguthaben oder leicht verkäuflichen Wertpapieren begleichen kann. Ein Wert von 100 % oder mehr bedeutet, dass alle offenen Rechnungen direkt bezahlt werden können. Werte zwischen 50 % und 100 % gelten als solide.

Liegt der Wert unter 50 %, besteht ein erhöhtes Risiko. Das Unternehmen ist dann auf neue Einnahmen oder Kredite angewiesen.

Liquidität 2. Grades (Einzugsbedingte Liquidität) 

Die Liquidität 2. Grades, auch einzugsbedingte Liquidität genannt, berücksichtigt zusätzlich zu den sofort verfügbaren Zahlungsmitteln auch kurzfristige Forderungen wie ausstehende Kundenrechnungen.

Diese Kennzahl bietet ein realistischeres Bild der Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens, da bei vielen Unternehmen ein großer Teil des Kapitals in offenen Rechnungen gebunden ist.

Liquidität 2. Grades: Formel

Liquidität 2. Grades = ((Liquide Mittel + Kurzfristige Forderungen) / Kurzfristige Verbindlichkeiten) × 100

Diese Kennzahl ist praxisnah. Ein Wert von über 100 % ist gut – das Unternehmen kann seine Schulden decken, wenn Kund:innen pünktlich zahlen. Werte zwischen 80 % und 100 % gelten als stabil, aber weniger sicher.

Liegt der Wert unter 80 %, steigt das Risiko, dass das Geld nicht reicht – besonders bei verspäteten Zahlungen. Banken prüfen diese Kennzahl häufig bei der Kreditvergabe, da sie das tatsächliche Zahlungsverhalten mit einbezieht.

Liquidität 3. Grades (Gesamtliquidität) 

Die Liquidität 3. Grades, auch Gesamtliquidität genannt, umfasst neben Bargeld und offenen Forderungen zusätzlich die Lagerbestände eines Unternehmens.

Dazu zählen unter anderem:

  • Warenbestände
  •  Rohstoffe
  •  unfertige und fertige Produkte

Diese Kennzahl ist besonders wichtig für Unternehmen mit hohen Lagerbeständen, beispielsweise im Einzelhandel oder in der Produktion. Sie zeigt, ob kurzfristige Schulden zusätzlich durch den Verkauf von Waren gedeckt werden können.

Liquidität 3. Grades: Formel

Liquidität 3. Grades = ((Liquide Mittel + Kurzfristige Forderungen + Vorräte) / Kurzfristige Verbindlichkeiten) × 100

Diese Kennzahl zeigt, ob ein Unternehmen seine kurzfristigen Schulden mit dem gesamten Umlaufvermögen decken kann. Werte zwischen 120 % und 200 % sind hier optimal. Ein Wert von über 200 % kann auf viel gebundenes Kapital hinweisen, das besser genutzt werden könnte. Werte unter 100 % sind hingegen kritisch: Das Unternehmen könnte nicht alle Schulden fristgerecht begleichen. Diese Kennzahl ist besonders relevant für Handels-, Produktions- oder Logistikunternehmen mit hohem Warenumschlag.

Beispiel zur Berechnung der Liquiditätsgrade

Die Berechnung der Liquiditätsgrade erfolgt in der Praxis oft anhand standardisierter Kennzahlen. Betrachten wir ein konkretes Beispiel, um die Bedeutung besser zu verstehen.

Ein Unternehmen hat folgende finanzielle Werte:

  • Liquide Mittel: 20.000 € (Bargeld und Bankguthaben)
  • Kurzfristige Forderungen: 50.000 € (offene Kundenrechnungen)
  • Vorräte: 30.000 € (Lagerbestand)
  • Kurzfristige Verbindlichkeiten: 80.000 € (fällige Rechnungen und Kredite)

Nun berechnen wir die drei Liquiditätsgrade:

Liquidität 1. Grades:

20.000 / 80.000 x 100 = 25 %

Das Unternehmen kann nur 25 % seiner kurzfristigen Schulden sofort mit Bargeld oder Bankguthaben decken. Ein Wert von unter 50 % deutet auf eine Abhängigkeit von weiteren Zahlungseingängen oder Krediten hin.

Liquidität 2. Grades:

((20.000 + 50.000) / 80.000) x 100 = 87,5 % 

Wenn die Kund:innen ihre Rechnungen fristgerecht bezahlen, kann das Unternehmen 87,5 % seiner kurzfristigen Verbindlichkeiten decken. Ein Wert zwischen 100 % und 150 % wäre ideal. Hier besteht ein gewisses Risiko, falls Zahlungen ausbleiben.

Liquidität 3. Grades:

((20.000 + 50.000 + 30.000) / 80.000) x 100 = 125 %

Die Gesamtliquidität liegt bei 125 %, was bedeutet, dass das gesamte Umlaufvermögen die kurzfristigen Schulden übersteigt. Das Unternehmen hat eine solide Basis, aber ein Teil der Liquidität ist in Vorräten gebunden, die nicht sofort verkauft werden können.

So verbesserst Du die Liquidität

Unternehmen können ihre Liquidität mit gezielten Maßnahmen optimieren, um finanzielle Engpässe zu vermeiden.

1. Forderungsmanagement optimieren:

  • Schnelle Rechnungsstellung: Rechnungen sofort nach erbrachter Leistung versenden.
  • Zahlungsfristen verkürzen: Statt 30 Tagen nur 14 Tage gewähren.
  • Skonti anbieten: Kund:innen zu schnelleren Zahlungen motivieren.
  • Automatisierte Mahnverfahren nutzen: Offene Rechnungen systematisch nachverfolgen.
  • Bonitätsprüfung durchführen: Zahlungsausfälle minimieren.

2. Lagerbestände effizient verwalten:

  • Überproduktion vermeiden: Kapital nicht unnötig in Waren binden.
  • Schnelldrehende Produkte priorisieren: Verkauf von Waren mit hoher Umschlaggeschwindigkeit fördern.
  • Lieferantenkonditionen optimieren: Bessere Zahlungsziele und Mengenrabatte aushandeln.

3. Finanzierungsstruktur verbessern:

  • Kurzfristige Kredite nutzen: Temporäre Engpässe überbrücken.
  • Leasing statt Kauf erwägen: Liquiditätsschonende Investitionen tätigen.
  • Langfristige Finanzplanung verbessern: Unnötige Kapitalbindung vermeiden.

Ein konsequentes Liquiditätsmanagement sichert die Zahlungsfähigkeit und schafft finanziellen Spielraum für Wachstum. Eine vorausschauende Planung hilft Unternehmen, ihre Liquidität optimal auf zukünftige Entwicklungen auszurichten.

Kritik und Grenzen der Liquiditätsgrade

Liquiditätskennzahlen sind hilfreich, zeigen aber nicht alles. Besonders bei schnellen Veränderungen oder bestimmten Branchenbedingungen können sie an Aussagekraft verlieren.

Schwächen der Liquiditätskennzahlen

Die Liquiditätsgrade sind nützliche Kennzahlen, um die kurzfristige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens zu bewerten. Dennoch haben sie einige Schwächen:

  • Sie betrachten nur die aktuelle finanzielle Situation, nicht zukünftige Zahlungsströme.
  • Forderungen und Vorräte werden als liquide Mittel gewertet, obwohl sie möglicherweise nicht sofort realisierbar sind.
  • Saisonale Schwankungen oder branchenspezifische Unterschiede bleiben unberücksichtigt.

Alternativen zur Liquiditätsanalyse

Neben den Liquiditätsgraden gibt es noch andere Methoden, um die Zahlungsfähigkeit zu bewerten.

Cashflow-Analyse

Sie zeigt, wie viel Geld in ein Unternehmen ein- und wieder abfließt. Es gibt drei Hauptarten von Cashflows:
– Operativer Cashflow: Geld aus dem laufenden Geschäft wie Verkäufen
– Investitions-Cashflow: Zahlungen für Anlagen oder Maschinen
– Finanzierungs-Cashflow: Einnahmen oder Ausgaben aus Krediten oder Kapital

Dynamische Liquidität

Diese Planung berücksichtigt erwartete Einnahmen und Ausgaben. Sie hilft, Engpässe frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden.

Working Capital

Dies ist die Differenz zwischen Umlaufvermögen und kurzfristigen Schulden, also Kapital, das in Wachstum und Entwicklung investiert werden könnte. 

Verschuldungsgrad

Das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital innerhalb der Finanzierungsstruktur. Es zeigt, inwiefern ein Unternehmen von Fremdfinanzierung abhängig ist.

Eine Kombination dieser Methoden ermöglicht eine ganzheitliche Finanzanalyse. 

Jedes Unternehmen muss seine Rechnungen bezahlen können. Die Liquiditätsgrade zeigen, ob genug Mittel hierfür vorhanden sind. Eine gute Liquidität sorgt für Sicherheit und schützt vor finanziellen Engpässen. Doch diese Kennzahlen haben auch Schwächen und sind nur für aktuelle Bewertungen geeignet. 

Deshalb sollten Unternehmen nicht nur auf die Liquiditätsgrade achten. Eine gründliche Planung von Einnahmen und Ausgaben und regelmäßige Cashflow-Analysen sind essentiell – Unternehmen mit einer starken Liquiditätsplanung sind in der Regel krisenfester und können Wachstumschancen besser nutzen.

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